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Shutdown in den USA: Mit allen Mitteln

Die Fernsehansprache aus dem Oval Office
gehört zu den größten Gesten, denen sich ein US-amerikanischer Präsident bedienen
kann. John F. Kennedy saß hinter dem Resolute Desk, als er die Welt über die
Kuba-Krise informierte, George W. Bush wandte sich von dort nach den Anschlägen vom 11.
September 2001 an die Öffentlichkeit. An diesem Dienstagabend wird nun Donald Trump das
erste Mal auf diesem Weg zur US-Bevölkerung sprechen
.

Es wird um den Stillstand in weiten Teilen
seiner Regierung gehen, den Shutdown, der zahlreiche Behörden und
Einrichtungen des Landes seit mehr als zwei Wochen lahmlegt. Und
damit um die Mauer zu Mexiko, die Trump seinen Anhängerinnen und Anhängern im Wahlkampf
versprochen hat und deren Finanzierung der Anlass für den Streit in Washington ist.

Dass der Präsident in dieser Auseinandersetzung jetzt die ganz große Geste sucht, ist nicht gerade ein Zeichen der Stärke. Daran ändert auch Trumps Twitter-Timeline nichts, auf der er seinen Anhängern seit Tagen den Bau der Mauer verspricht. Die Rede
ist für den Präsidenten eine der letzten Chancen, eine Mehrheit der Öffentlichkeit von seiner Sache zu überzeugen. Leicht wird das nicht: In Umfragen
halten fast 70 Prozent der Amerikaner die Mauer nicht für eine oberste Priorität.

Trump muss es dennoch versuchen. Anders dürfte
es ihm kaum gelingen, von den Demokraten im Kongress die 5,6 Milliarden Dollar
zu bekommen, die er braucht, um mit dem Bau des Grenzwalls zu
beginnen. Die Kompromissbereitschaft der Opposition ist allerdings nicht besonders groß.

Schließlich konnten die Demokraten bei den
Kongresswahlen im November einen beachtlichen Erfolg feiern. Nach
acht Jahren in der Minderheit
haben sie die Kontrolle über das Repräsentantenhaus
zurückgewonnen. Den Sieg verdanken sie auch ihrem Versprechen, sich gegen die
unbeliebtesten Auswüchse der Trump-Regierung zu stellen. Dass ausgerechnet
Nancy Pelosi, die neue Sprecherin des Abgeordnetenhauses
als eine ihrer
ersten Amtshandlungen Trump zu seiner Mauer verhelfen soll, ist kaum
vorstellbar. “Die Mauer ist unmoralisch”, sagt die Demokratin. “Sie ist nicht,
wer wir als Nation sind.”

Es drohen zwei Jahre politischer Stillstand

Beide Seiten haben sich in einer Art politischen Stellungskrieg eingegraben. Und keine von beiden macht Anstalten, sich auf die andere zuzubewegen.
Das politische Washington, seit Jahren als dysfunktional gescholten, ist damit endgültig
blockiert.

Daran dürfte sich so schnell nichts
ändern, auch wenn der Shutdown irgendwann einmal beendet sein wird. Denn es ist ja
nicht nur der Streit um die Mauer. Das Weiße Haus und die demokratische
Mehrheit im Repräsentantenhaus sind sich in kaum einer Frage einig.

Hinzu kommt, dass das aufgeheizte politische
Klima der Trump-Ära beiden Seiten kaum Spielraum lässt, um mögliche
unpopuläre Entscheidungen gemeinsam zu tragen. Schon gar nicht, während sich
auf Seite der Demokraten bereits zahlreiche potenzielle Kandidaten warmlaufen, um
den republikanischen Präsidenten 2020 herauszufordern. Den USA drohen zwei Jahre
politischer Stillstand – zumindest was die großen Fragen angeht.

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