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Saudi-Arabien: Ein paar Alte zur Beruhigung

Gastautor Sebastian Sons ist politischer Analyst bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Er arbeitet zu Saudi-Arabien und bereiste das Land zuletzt im Oktober 2018.

Mörder,
Despot, Autokrat: Das Jahr 2018 endete für den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman (MbS) in einem Debakel. Grund dafür waren die Ermordung des
saudischen Journalisten Jamal Khashoggi
im Konsulat seines Heimatlandes in
Istanbul und die sich verdichtenden Hinweise, dass bin Salman direkt in
die Tötung des Regimekritikers
involviert gewesen sein soll. Seither ringt MbS um sein
Image als Erneuerer und Modernisierer.

Unter seiner Ägide soll sich
Saudi-Arabien eigentlich gesellschaftlich öffnen und wirtschaftlich weg vom Erdöl
diversifizieren. Der 33-Jährige stilisiert sich als Sprachrohr der Jugend, der
er versprochen hat, ein “neues Saudi-Arabien” zu schaffen, in dem die Alten
ausgedient haben. Seit er an der Macht ist, ist er zum De-facto-Herrscher
aufgestiegen, hat einen radikalen Generationenwechsel eingeleitet und enge
Vertraute und Günstlinge um sich geschart. Doch die Affäre Khashoggi hat
traditionelle Fraktionen innerhalb der Königsfamilie aufgeschreckt, die
fürchten, dieser jungen, überambitionierten Clique um MbS könnte ihre neu gewonnene
Macht zu Kopf gestiegen sein.

Deswegen
ist die aktuelle Kabinettsumbildung von König Salman, dem Vater des Kronprinzen,
ein Signal an internationale Partner und die eigene Bevölkerung, politische Exzesse einzudämmen, ohne dabei die
Machtposition des Kronprinzen zu schwächen: MbS behält all seine Ämter. Wichtigste
Personalie ist die Berufung des ehemaligen Finanzministers Ibrahim
al-Assaf zum neuen Außenminister.

Paranoide Anti-Iran-Rhetorik

Al-Assaf gilt in Saudi-Arabien als erfahrener
Wirtschaftsfachmann, der 21 Jahre lang die Finanzpolitik des Königreiches
verantwortete. Er soll dazu beitragen, Vertrauen bei ausländischen Partnern wiederherzustellen. Das Königreich muss dringend ausländische Investoren anlocken, um
seine ambitionierten Wirtschaftspläne zu realisieren. Zwischen 2012 und 2017
sind die ausländischen Direktinvestitionen von über zwölf Milliarden US-Dollar auf 1,4 Milliarden eingebrochen.

Mit der Berufung Al-Assafs soll aber auch die Einheit des Königshauses repräsentiert werden: Noch
im November 2017 war er zu einem der vielen Opfer einer groß angelegten
Verhaftungswelle geworden, die von MbS initiiert und als
Antikorruptionskampagne deklariert worden war. Vor Kurzem galt Al-Assaf daher noch als Persona non grata, als Vertreter einer
raffsüchtigen alten Elite, die entmachtet werden sollte. Heute ist er
rehabilitiert und soll die Außenpolitik des Königreichs in einer Zeit der Krise
managen.

Saudi-Arabien ist unter MbS außenpolitisch aggressiv geworden, es führt Krieg im
Jemen, bedrängt Katar und pflegt eine fast schon paranoide Anti-Iran-Rhetorik, während man im Inneren repressiv gegen jegliche Kritiker vorgeht. Wichtigste Aufgabe des neuen
Außenministers wird es erst mal sein, die strategischen Beziehungen zu den USA, dem
traditionell wichtigsten Partner des Königreichs, zu konsolidieren. Diese haben
durch den Mord an Khashoggi stark gelitten. Im US-Kongress bildete sich eine
antisaudische Allianz, US-Senator Lindsey Graham nannte MbS eine
“Abrissbirne”.

Die politische Führung in Riad wird also versuchen, die
vertrauensvollen Beziehungen zu US-Präsident Donald Trump aufrechtzuerhalten.
Dies scheint bislang auch Erfolg zu haben, immerhin eint MbS und Trump der Hass
auf den gemeinsamen Feind Iran
.

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