/“Tatort” Weimar: Ist ne große Nummer in Finnland

“Tatort” Weimar: Ist ne große Nummer in Finnland

“Der Kormoran war doppelt, den müssen wir einmal abziehen”, hätte es bei Dalli, Dalli geheißen. Jener legendären Quizsendung mit dem großen Hans Rosenthal, bei der die Kandidatenpaare zu Beginn zu einem bestimmten Stichwort in 15 Sekunden möglichst viele Begriffe aufzählen sollten.

Im besonders tieraffinen Weimarer Tatort ist der Kormoran offenbar besonders beliebt: In der letzten Folge kam er vor (“Schluckt aber wie ein Kormoran”) und in der aktuellen Der höllische Heinz (MDR-Redaktion: Sven Döbler, Degeto-Redaktion: Birgit Titze) brüstet sich der für den “Thüringer Ultraman” trainierende Polizist Lupo (Arndt Schwering-Sohnrey) damit, “fit wie ein Kormoran” zu sein.


Matthias Dell schreibt seit 2010 wöchentlich über “Tatort” und “Polizeiruf 110”. Auf ZEIT ONLINE seit 2016 in der Kolumne “Der Obduktionsbericht”.
© Daniel Seiffert

Ist natürlich krass pedantisch, auf solch ein Detail hinzuweisen. Aber da die Tiervergleiche für die Originalität des Weimarer Tatort stehen, fällt einem an so einem Punkt auf, dass diese Form von Originalität so originell nicht ist – eher eine Masche, nach der die Folgen immer gleich gestrickt werden (Drehbuch: Murmel Clausen und Andreas Pflüger).

In Weimar gibt es nicht nur keine Entwicklung der Figuren (die fällt im ARD-Sonntagabendkrimi eh schwer, weil das Ganze eine Reihe und keine Serie ist), es gibt auch kaum Veränderung, Variationen, verschiedene Interpretationen der Figuren, die Filme tauschen lediglich den Hintergrund der jeweiligen Folge aus. “Wir wollen immer eine Erlebniswelt erzählen für unsere Kommissare”, hat die Produzentin Nanni Erben im Interview zur letzten Folge erklärt.

Und tatsächlich beschreibt dieser Ansatz das eigenwillige Format des Weimarer Tatorts wohl am besten: Die Filme sind weniger Krimi oder Komödie als eben möglichst skurrile Erlebnisweltbesichtigungen in der Tradition des “Incentive” genannten Betriebsausflugs, durch die sich die Kommissare genannten Hauptfiguren Dorn (Nora Tschirner) und Lessing (Christian Ulmen) dann mit witzigen Sprüchen höchstimmersiv moderieren.

In Der höllische Heinz geht es in eine Westernstadt, die tatsächlich recht witzig “El Doroda” heißt; in Thüringen enden Ortsnamen häufig auf “-roda”. Dass das kindliche Vergnügen, dem der Weimar-Tatort frönt, sich nicht für Positionen interessiert, in denen die “Indianer”-Seligkeit von weißen Deutschen als problematisch erscheint, ist ein zweiter krass pedantischer Hinweis, der aber immerhin erwähnt werden soll.

Was Der höllische Heinz etwa von der Vorgängerfolge unterscheidet: Der Film legt ein besseres Tempo (Regie: Dustin Loose) vor und hat weniger wortreich nachzuerzählende Geschichten aus der Vergangenheit im Rücken. Der Chef von El Doroda ist tot, es gibt zahlreiche Figuren mit Mordmotiven, als stärkstes tritt der Fund von Seltenen Erden unter der Westernstadt hervor.

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