/Metzgerei: “Für uns ist Weihnachten so wichtig wie für die Kirche”

Metzgerei: “Für uns ist Weihnachten so wichtig wie für die Kirche”

Es ist ein Montagnachmittag in der Adventszeit und viel los in der Metzgerei Parzen in Bayreuth. Auf dem Tresen liegen Presssack und Schmalzfleisch mit einer Schleife verpackt, dahinter hängen Würste zwischen Tannenzweigen an der Wand. Daniel Parzen, 25, ist hier der Juniorchef. Schon sein Urgroßvater arbeitete als Metzger in der Stadt. Ein Gespräch über die belebteste Jahreszeit in der Metzgerei und ein Weihnachtsfest ohne Gans.

ZEIT ONLINE: Herr Parzen, Weihnachten rückt näher. Für Sie die schönste Zeit des Jahres, oder?

Daniel Parzen: Ja, die Weihnachtszeit ist für uns die umsatzstärkste Jahreszeit. Ab Mitte November geht es schon mit den Weihnachtsfeiern in Betrieben los, da hat unser Partyservice gut zu tun. Und im Dezember kommen dann die Familien: Die Studenten kehren für ein paar Tage zurück nach Hause und ihre Mütter stehen bei uns im Laden, um den Kindern ihre Leibspeise zu kochen.

ZEIT ONLINE: Was sind denn die Bestseller zur Weihnachtszeit, ist es noch die Gans?

Parzen: In den letzten Jahren ist Wild ist ein großes Thema geworden. Ich mache gerade meine Jägerprüfung, damit ich das Fleisch nächstes Jahr aus eigener Jagd habe. Wie vielen Kunden auch ist es mir wichtig zu wissen, wo mein Fleisch herkommt – beim Wild weiß man das eher als beim Geflügel. Ansonsten essen viele Leute zu Weihnachten noch alle möglichen Braten, Schweinefilet oder Rinderfilet. Natürlich auch Gans. Typisches Festtagsessen eben.

ZEIT ONLINE: Wie viele Gänse wurden bei Ihnen schon bestellt?

Parzen: Es waren jetzt ungefähr 20 Stück pro Woche. Allerdings gilt diese Zahl nicht nur für die Gans, sondern für Weihnachtsgeflügel allgemein. Dazu zählen auch die Ente und Entenbrust. Wir mussten unsere Bestellungen beim Bauern schon bis zum 6. Dezember abgeben, damit er weiß, wie viele Tiere er zu schlachten hat.

ZEIT ONLINE: Das heißt, wer bis Nikolaus nicht bestellt hat, hat Pech gehabt?

Parzen: Für uns ist es ideal, wenn die Kunden frühzeitig bestellen, aber wir ordern immer ein bisschen mehr beim Bauern, damit wir niemanden mit leeren Händen nach Hause schicken müssen. Wer nur kleinere Mengen braucht, bekommt meistens auch am 18. oder 19. Dezember noch seine Gans oder Ente.

ZEIT ONLINE: Was raten Sie der Oma, die für ihre vegetarische Enkelin ein Weihnachtsessen braucht?

Parzen: Wir machen sehr gute vegetarische Grillspieße! Falls es für Weihnachten etwas festlicher sein soll, haben wir auch Halloumi im Sortiment, den man super in der Bratpfanne machen kann.

ZEIT ONLINE: Der Trend zu veganem und vegetarischem Essen ist grundsätzlich aber problematisch für Sie, oder?

Parzen: Ich habe gegen Vegetarier nichts einzuwenden. Die machen sich wenigstens Gedanken darüber, was sie essen. Da finde ich es deutlich schlimmer, wenn man zum Discounterfleisch greift und sich nicht um die Massentierhaltung schert. Ich kann verstehen, dass Menschen, die mit sehr wenig Geld zurechtkommen müssen, eher günstiges Fleisch kaufen. Aber ich würde raten, statt fünfmal pro Woche billiges Fleisch zu kaufen, lieber zweimal die Woche gutes Fleisch zu nehmen. Dann passt es auch vom Preis her.

ZEIT ONLINE: Wie locken Sie die Leute in ihren Laden?

Parzen: An Weihnachten müssen wir das gar nicht, da ist es bei uns ein bisschen wie in der Kirche: Manche Kunden kommen nur zur Weihnachtszeit. Das finde ich aber nicht schlimm, sondern freue mich darüber, dass sie zu diesem besonderen Anlass Qualität einkaufen möchten.

Metzgerei: Daniel Parzen, 25 Jahre alt, ist Juniorchef in der Metzgerei in Bayreuth. Schon sein Urgroßvater arbeitete als Metzger in der Stadt.

Daniel Parzen, 25 Jahre alt, ist Juniorchef in der Metzgerei in Bayreuth. Schon sein Urgroßvater arbeitete als Metzger in der Stadt.
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ZEIT ONLINE: Vor 15 Jahren gab es noch mehr als 18.000 Fleischerfachgeschäfte in Deutschland, im Jahr 2017 waren es nur noch 12.360. Liegt das auch an den Sparfüchsen und Veganern?

Parzen: Nein, in den meisten Fällen ist das Problem, dass die Betriebe keine Mitarbeiter oder keinen Nachfolger finden. Viele ältere Inhaber stehen vor der Frage, ob es sich noch lohnt, den Laden auf dem neuesten Stand zu halten und zu investieren. Wenn kein Nachfolger in Sicht ist, dann schließen viele die Metzgerei.

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