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Großbritannien: EU beschließt Notfallplan für No-Deal-Brexit

Die Europäische Union hat 100 Tage vor dem Brexit-Termin für den Fall eines ungeordneten Austritts Großbritanniens eine Reihe von Notfallmaßnahmen beschlossen. Die Pläne seien notwendig, um “den schlimmsten Schaden eines No-Deal-Szenarios zu begrenzen”, teilte die EU-Kommission mit. Vor allem Handel, Verkehrswesen und Finanzen sollen geschützt werden.

So soll der Flugverkehr zwischen der EU und Großbritannien mit Notfallmaßnahmen aufrechterhalten werden. Die jetzigen Vorschläge könnten allerdings lediglich ein Grundangebot an Flügen gewährleisten. Ein kompletter Zusammenbruch solle so vermieden werden. Voraussetzung sei, dass London den EU-Airlines die gleichen Rechte einräume.

Großbritannien scheidet voraussichtlich am 29. März 2019 aus der EU
aus. Sollte bis dahin kein Abkommen über den Austritt in Kraft treten,
würden über Nacht Tausende Regelungen für den grenzüberschreitenden
Verkehr und Handel zwischen Großbritannien und der EU ungültig werden. Britische Unternehmensverbände warnten bereits: “Unternehmen wären mit heftigen neuen Zöllen und Abgaben konfrontiert.
Verzögerungen an Häfen könnten sorgfältig abgestimmte Lieferketten
zerstören.”

Angesichts der Probleme von Premierministerin Theresa May, das Abkommen, das sie mit der EU für den für März geplanten Austritt Großbritannien ausgehandelt hat, durch das britische Parlament zu bekommen, hatte sich die EU auch auf das Szenario vorbereitet, dass Großbritannien die EU auch ohne Abkommen verlässt. In der vergangenen Woche war May
mit dem Versuch gescheitert, der EU auf einem Gipfeltreffen weitere
Zugeständnisse abzutrotzen. Damit steigt das Risiko eines ungeregelten Austritts der Briten aus der EU.

Wegen massiven Widerstands nicht nur in der Opposition, sondern auch in den eigenen Reihen, hatte May das für Mitte Dezember geplante Votum im Unterhaus verschoben. Mehrere ihrer Tory-Abgeordneten strengten daraufhin ein Misstrauensvotum an, das sie überstanden hat.

Unternehmen warnen vor No-Deal-Ausstieg

Britische Unternehmensverbände warnten derweil vor einem Brexit ohne Abkommen. Die Idee, dass ein solcher No-Deal-Brexit zu bewältigen wäre, sei unglaubwürdig, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der fünf größten Verbände des Landes. “Es ist klar, dass einfach nicht genug Zeit da ist, um den schwerwiegenden Verwerfungen und Störungen innerhalb von nur 100 Tagen vorzubeugen.”

Die Verantwortung sehen die Unternehmensverbände bei den Abgeordneten im britischen Unterhaus, die im Januar über den mit Brüssel ausgehandelten Austrittsvertrag abstimmen sollen. Derzeit zeichnet sich keine Mehrheit für den Deal von May ab. “Mit Entsetzen” hätten die Unternehmen die politischen Grabenkämpfe der verschiedenen Gruppen im Unterhaus beobachtet, hieß es in dem Schreiben der Verbände. Angesichts des politischen Stillstands steige die Wahrscheinlichkeit eines No-Deal-Szenarios, eines ungeregelten Brexits.

Viele Unternehmen hätten inzwischen ihre Notfallpläne aktiviert, die Zeit und Geld verschlingen. “Firmen verzögern oder verlagern Investitionen, die eigentlich Produktivität, Innovationen, Jobs und Löhne im Land ankurbeln sollten.” Für Hunderttausende Unternehmen sei es dagegen zu spät, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen. 

Die Erklärung wurde unter anderem von den Vorsitzenden des britischen Handelskammerverbands BBC und des Industrieverbands CBI unterzeichnet.

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