Einige Momente, die Theresa May an diesem
Donnerstag in Brüssel über sich ergehen lassen muss, muten fast demütigend an. Da ist der forsche Premier
Luxemburgs, Xavier Bettel, der sich an diesem Nachmittag einen Anstecker mit Union
Jack und EU-Flagge ans Revers gepinnt hat.
Auf Nachfragen von Journalisten verdreht er die Augen und sagt sichtlich genervt über die Brexit-Gespräche: “Wir können doch nicht
immer neu verhandeln”. Einige Sekunden später nimmt er May vor der versammelten
Presse zur Seite, stellt sie auf den roten Teppich neben sich, zeigt auf sie
mit beiden Händen und sagt “Wir sind bereit zu helfen”.
May steht ein wenig verkrampft da, versucht die Peinlichkeit des Moments
wegzulächeln und presst ein “Thank you” heraus.
Luxemburg, knapp 600.000 Einwohner,
will jetzt also dem britischen Empire helfen. So herum geht das jetzt.
May wollte neue Angebote
Viele Gewissheiten sind weg, auch das
zeigt dieser EU-Gipfel, der zumindest an Tag Eins wieder einmal zum
Brexit-Gipfel wurde. Nach einem nur knapp überstandenen Misstrauensvotum war
Theresa May nach Brüssel angereist und versuchte vor allem für ihr heimisches
Publikum den Eindruck zu erwecken, sie könne mit der EU noch einmal über den in
London so umstrittenen Backstop verhandeln. Der Backstop würde bedeuten, dass Nordirland im Notfall im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion bleibt und das gesamte Vereinigte Königreich in der Zollunion.
May berichtete den 27 Staats- und
Regierungschefs von den Zweifeln im Königreich, dass EU und Großbritannien
tatsächlich “eine Partnerschaft wollten, in der beide Seiten frei entscheiden
können”, wie es Kanzlerin Angela Merkel nach Abschluss der Beratungen
formulierte. Es ist die Sorge Großbritanniens, am Ende über den Backstop auf ewig an die EU gebunden zu sein – obwohl das Königreich doch genau das
Gegenteil wollte.
“Rechtliche und politische
Versicherungen”, das ist es, was May in Brüssel herausholen wollte. Und
tatsächlich bekommt sie kurz vor Mitternacht einen Fünf-Punkte-Plan. Schaut man ihn sich allerdings genauer an, so enthält er vor allem
Selbstverständlichkeiten und für alle Kenner des 585 starken Austrittsvertrags
nichts Neues – dafür aber einige diplomatische Spitzen. Die EU stehe zu dem
Austrittsvertrag und der politischen Erklärung, beides werde man so schnell wie
möglich ratifizieren, heißt es in Punkt 1. Aber schon in
Zeile drei heißt, dass man es nicht neu verhandeln werde. Bloß keine falschen Erwartungen wecken.
Säbelrasseln gehört auch dazu
Der Backstop solle nur
zeitlich befristet gelten – eben so lange, bis ein Folgeabkommen stehe, das
eine harte Grenze auf der irischen Insel verhindere. Ein bisschen Säbelrassen
ist auch dabei: In Punkt 5 verweisen die Staats- und Regierungschefs noch einmal darauf,
dass man sich auf allen Ebenen für den Ausstieg und auf alle möglichen Ausgänge
der Verhandlungen vorbereiten solle. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kündigte an, dass die EU-Kommission kommende Woche Mittwoch alle
Vorbereitungsdokumente für den Fall eines harten Brexits veröffentlichen werde.
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