Vertreterinnen und Vertreter von mehr als 150 Nationen entscheiden beim UN-Gipfel in Marrakesch über den UN-Migrationspakt. Bei der Konferenz ist vorgesehen, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel
am Vormittag eine Rede halten wird. Sie ist neben UN-Generalsekretär Antonio Guterres und
einigen europäischen Regierungschefs als prominentester Gast angereist. Es wird erwartet, dass eine Mehrheit der Länder dem Migrationspakt zustimmen wird. Im Januar muss er dann noch von der UN-Generalversammlung förmlich
gebilligt werden.
Der UN-Migrationspakt
ist die erste Vereinbarung zu globalen Leitlinien der Migration. Das
UN-Dokument enthält 23 Ziele, auf deren Basis die internationale
Migrationspolitik verbessert werden soll, um gegen illegale und
ungeordnete Migration vorzugehen und Migration sicherer zu machen. Das Papier ist rechtlich nicht bindend, aber politisch
verpflichtend.
Die Bundesregierung wirbt seit Wochen für das Abkommen. Auch die Reise der Kanzlerin nach Marokko kann als Zeichen dafür gesehen werden, dass sie noch einmal die Wichtigkeit des Pakts betonen möchte. Denn dieser ist nicht unumstritten: Mehrere Staaten haben angekündigt, ihre Zustimmung zu verweigern – darunter Ungarn, Österreich, Polen, Tschechien, Bulgarien,
Australien, die Slowakei und Israel. In Belgien zerbrach im Streit um
den Migrationspakt die Koalition. Italien, eines der EU-Länder, das in den vergangenen Jahren eines der Haupteinreiseziele für Migranten aus Afrika war, hat keine Vertreter nach Marrakesch geschickt. Zunächst soll das Parlament über das UN-Dokument abstimmen.
Medien berichten, auch Chile werde den Migrationspakt nicht unterzeichnen. Die Regierung des konservativen Präsidenten Sebastián Piñera äußerte nach Informationen der Tageszeitung El Mercurio Kritik an fünf Punkten des Abkommens. Unter anderem bemängele die Pinera-Regierung, dass das Dokument keine Unterscheidung zwischen regulärer und irregulärer Migration mache.
Falschinformationen und Befürchtungen
Die UN-Sonderbeauftragte für Migration und Generalsekretärin der
Konferenz, Louise Arbour, äußerte kurz vor Beginn der Tagung ihre
Enttäuschung über den Widerstand der Staaten: “Es ist besonders
bedauerlich, wenn sich ein Staat aus einem ausgehandelten Abkommen
zurückzieht, an dem er kurz zuvor aktiv teilgenommen hat.” Zudem sei es
erstaunlich, wie viele Falschinformationen über den Pakt im Umlauf
seien.
Denn tatsächlich hatten noch im Juni alle UN-Mitglieder mit Ausnahme der USA dem Migrationsabkommen zugestimmt. Vor allem von rechten und migrationskritischen Regierungen geführte Staaten rückten dann aber wieder davon ab und kritisieren unter anderem, dass er zu mehr Migration führen könnte, andere äußerten die Befürchtung, dass ihre nationale Souveränität dadurch bedroht sei.
In Deutschland hatte die AfD gefordert, das Dokument nicht anzunehmen. Die Partei stand damit jedoch weitgehend allein da: Zunächst stimmte der Bundestag der Vereinbarung Ende November mehrheitlich zu, am Wochenende nahmen dann auch die Delegierten auf dem CDU-Parteitag den Pakt mit großer Mehrheit an. Die Bundesregierung stellte mehrfach klar, dass der Migrationspakt an der Rechtslage in Deutschland nichts ändern werde.
Merkel trifft Othmani in Marrakesch
Die Bundeskanzlerin war bereits am Sonntag nach Marokko gereist und traf sich dort auch mit Ministerpräsident Saadeddine Othmani. Thema des Treffens war zum einen die Migrationspolitik, zum anderen aber auch eine engere deutsch-marokkanische Wirtschaftszusammenarbeit. Es ist das erste Mal seit 1996, dass ein deutscher Kanzler beziehungsweise die Kanzlerin offiziell in Marokko zu Besuch ist.
In den vergangenen Jahren hat die Bundesregierung auch wegen des Migrationsthemas verstärkt mit Marokko kooperiert. Ein wichtiger Punkt in den bilateralen Beziehungen ist zurzeit die
Rückführung abgelehnter Asylbewerber aus Deutschland in das
nordafrikanische Land. Es nimmt zunehmend Marokkaner und Marokkanerinnen ohne Aufenthaltsgenehmigung aus Deutschland zurück, bis Ende Oktober diesen Jahres waren es 602 Personen.
Rund 60.000 Menschen gelangten in diesem Jahr über Marokko nach Europa, die meisten davon gingen in Spanien an Land.
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