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Paul Ziemiak: Der Mini-Merz

Als Annegret Kramp-Karrenbauer am Samstagmorgen auf die
Bühne tritt, um bekannt zu geben, wen sie für das Amt des Generalsekretärs
auserkoren hat
, ist die Entscheidung darüber erst wenige Stunden alt. Zumindest von Seiten des Kandidaten, des Vorsitzenden der Jungen Union Paul Ziemiak. Sie fiel – glaubt man Kramp-Karrenbauer – am Rande
der Tanzfläche bei der Delegiertenparty am Abend zuvor.

Kramp-Karrenbauer
selbst hatte Ziemiak zwar schon länger als möglichen Kandidaten für dieses Amt
ins Auge gefasst. Doch als sie ihn vor
einigen Wochen fragte, ob er bereit sei, im Falle ihrer Wahl diese Aufgabe zu
übernehmen, gab der ihr zunächst einen Korb. Als Nordrhein-Westfale gelte seine
Loaylität den beiden Kandidaten seines Landesverbands, sagte er ihr. Friedrich Merz und Jens Spahn kommen beide aus dem gleichen Bundesland.

Landsmannschaftliche Verbundenheit dürfte allerdings der geringste
Grund dafür gewesen sein, das Ziemiak ihr zunächst absagte. Ziemiak hat sich, seit er vor zwei Jahren Vorsitzender
der Jungen Union wurde, einen Ruf als Merkel-Kritiker erarbeitet. Als einer, dem
die Linie der Kanzlerin zu weich gewaschen war, der sich nach einem klareren und
auch konservativeren Profil für die CDU sehnte. Aus diesen Gründen lag es nahe,
dass er Kramp-Karrenbauers Konkurrenten um das Amt des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz
und vor allem seinem Freund Jens Spahn näher stand als ihr. Erst als Kramp-Karrenbauer ihr
Angebot nach ihrer Wahl wiederholte, wurde sie erhört.

Ein Signal an das Merz-Lager

Dass Kramp-Karrenbauer diese Geschichte nun öffentlich
machte, hat einen guten Grund. Denn aus ihrer Sicht spricht für Ziemiak
natürlich nicht nur seine Jugend und auch nicht in erster Linie, dass er die
Junge Union – den größten politischen Jugendverband Europas, wie Ziemiak stolz
bei seiner Rede verkündet – seit zwei Jahren erfolgreich geführt hat. Vor allem soll er ein Signal an alle in der Partei sein, die am Tag zuvor Merz
unterstützt und im ganzen Land auf seinen Wahlsieg gehofft hatten. Seht her,
sagt Kramp-Karrenbauer damit, ich binde meine Konkurrenten ein, ich bin auch
eure Parteivorsitzende.

Ziemiak hat in manchem ja wirklich Ähnlichkeit mit dem
großen Verlierer. Wie Merz steht er für einen wirtschaftsliberalen Kurs. 2014
setzte er zum Beispiel – gemeinsam mit seinen Buddies Jens Spahn und dem Chef
der Mittelstandsvereinigung Carsten Linnemann – einen Parteitagsbeschluss zur Abschaffung
der kalten Progression durch. Und er, selbst Sohn von Aussiedlern aus Polen, hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder als Kritiker von Merkels
Flüchtlingspolitik profiliert.

Es war Ziemiak, der gemeinsam mit Spahn und Linnemann
dafür sorgte, dass die Partei sich im Jahr 2015 in einem Parteitagsbeschluss deutlich
für die Reduzierung von Flüchtlingszahlen aussprach. Ein Jahr später stimmte
ein Parteitag nach einer feurigen Rede von Spahn einem Antrag der Jungen Union
zu, in dem die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft gefordert wurde. Dass
das keine realen Folgen haben würde, da die SPD als Koalitionspartner nicht zu
einer Änderung der Regierungspolitik bereit war, war Spahn und Ziemiak egal. Ihnen ging es darum, das Profil der Partei zu schärfen.

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