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Nord Stream 2: Ein außenpolitisches Desaster für Deutschland

Sollte Deutschland die Pipeline Nord Stream 2 stoppen? Das fordern immer mehr deutsche  Politiker. Die Grünen tun es schon lange. Zuletzt mehrten sich die Stimmen aus der CDU. Die Empörung über den erneuten Bruch des Völkerrechts durch russische Streitkräfte ist groß. Seitdem sie ukrainische Schiffe in der Meerenge von Kertsch beschossen und ukrainische Seeleute und Marinesoldaten festgenommen haben, fragen viele, ob und wie man Russland antworten kann.

Nord Stream 2 zu stoppen, wäre ein sehr deutliches Signal. Die Pipeline quer durch die Ostsee von Petersburg nach Greifswald ist ein Lieblingsprojekt von Wladimir Putin. Sie soll nicht weniger als 55 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr transportieren. Das ist etwas mehr als die Hälfte dessen, was Russland heute durch die Ukraine nach Europa schickt. Nord Stream 2 kann also einen erheblichen Teil des Erdgases liefern, das der Ukraine bisher Gebühren in Milliardenhöhe einbringt.

Kein Kubikmeter Gas bisher, aber sehr viel Gegenwind

Heute wünscht sich so mancher in der Berliner Koalition, man hätte der russischen Röhre niemals zugestimmt. Sie hat Deutschland noch keinen Kubikmeter Gas, aber sehr viel Gegenwind und Kritik gebracht. Polen, die EU-Kommission, die baltischen Staaten und die Ukraine dreschen bei jeder Gelegenheit auf Nord Stream 2 ein. Die USA bereiten Sanktionen gegen die Pipeline und gegen deutsche Unternehmen vor. Sie verhalten sich feindselig, trotzdem steht Berlin als Störer da. Die Bundesregierung muss sich vorwerfen lassen, mit Putin zu kungeln, die Ukraine Russlands Willkür auszuliefern und eine einheitliche EU-Energiepolitik zu verhindern. Nord Stream 2 ist, außenpolitisch betrachtet, ein Desaster für Deutschland.

Doch bevor man Stopp ruft, sollte man prüfen, ob das eigentlich noch geht. Gazprom hat mit dem Bau begonnen und sagt, ein Teil der Röhren sei schon auf dem Ostseeboden verlegt. Grünen-Abgeordnete wie Reinhard Bütikofer drängen, Berlin solle einfach die röhrenkritische EU-Kommission machen lassen und so die Pipeline verhindern. Klingt simpel, ist aber schwer. Die Bundesregierung hat jahrelang argumentiert, dass die EU-Kommission nicht zuständig sei und deshalb auch nichts verbieten könne. Ein Rechtsgutachten des EU-Rats unterstützt diese Sicht der Dinge. Alle Genehmigungen für Nord Stream 2 sind erteilt, alle Klagen dagegen gescheitert. Würde die Bundesregierung plötzlich Nord Stream 2 stoppen wollen, würde sie nicht nur die eigene Position konterkarieren, sondern hätte womöglich auch mit teuren Regressforderungen zu rechnen.

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