Angesichts zahlreicher Schlupflöcher wird der deutsche Immobiliensektor zum Ziel von Geldwäsche. Es werde vermehrt ausländisches Geld investiert, dessen Herkunft unklar sei, heißt es in einer Studie von Transparency International. Nach Schätzungen waren es allein im vergangenen Jahr mehr als 30 Milliarden Euro.
Ermittlungen in Italien zeigen, dass die Mafia enorme Geldsummen, die unter anderem aus dem Kokainhandel stammten, durch Immobilienerwerb zu legalisieren versucht. Transparency schätzt, dass 15 bis 30 Prozent aller kriminellen Gelder inzwischen in Immobilien investiert werden – durch den Bau von Häusern über Sanierung bis hin zu Kauf, Verkauf und Miete. Oft geschieht das über Strohmänner, was die Aufdeckung schwierig macht.
Mitte Oktober hatte auch der Chef der Antigeldwäscheeinheit FIU (Financial Intelligence Unit), Christof Schulte, vor einer Zunahme krimineller Machenschaften im Immobiliensektor gewarnt. Er appellierte an Makler und Notare, sich bei Verdachtsfällen öfter an die FIU zu wenden, die verdächtigen Geldbewegungen nachspürt. Denn von knapp 60.000 Verdachtsmeldungen 2017 habe es lediglich rund 20 Hinweise von Immobilienmaklern auf mögliche Geldwäschefälle gegeben.
“Es gibt ein massives Problem mit Geldwäsche bei Immobilien in Deutschland”, sagte die Transparency-Deutschland-Chefin Edda Müller. “Die geltenden Gesetze und die Ausstattung der Ermittlungsbehörden stehen auch angesichts der Grenzenlosigkeit internationaler Finanzströme in keinem Verhältnis dazu.”
Allein wegen seines Volumens biete der deutsche Immobilienmarkt ein riesiges Potenzial für Geldwäsche, heißt es in der Studie. Unbekannt sei, wie viel ausländischen juristischen Personen gehört – in Berlin zum Beispiel laufen daher Projekte von Bürgern und Medien, um die wahren Eigentümer herauszufinden. Im Juli dieses Jahres wurden 77 Wohnungen, Häuser und Grundstücke beschlagnahmt, die einem mutmaßlich kriminellen Clan gehörten.
Immer wieder wird auch eine mangelhafte Bund-Länder-Kooperation kritisiert. Zwar wird die FIU bis kommendes Jahr auf 475 Stellen aufgestockt, aber eine Sprecherin des zuständigen Finanzministers Olaf Scholz (SPD) verwies darauf, es sei primär Sache der Länder, Verdachtsanzeigen auf Geldwäsche bei Immobilien nachzugehen.
Über Briefkastenfirmen werden Hintermänner oft verschleiert
Insgesamt ist die Datenbasis bisher sehr schlecht, auch die Bundesregierung kann immer wieder nur Schätzungen zum Umfang des Problems nennen. Transparency fordert, dass für Notare die Schweigepflicht bei einem Verdacht aufgehoben werden soll, da sie durch den Grundbucheintrag unmittelbar mit Kaufverträgen zu tun haben. Zudem müsse die geplante Digitalisierung und Zentralisierung der Grundbücher durch die Bundesländer beschleunigt werden, um mehr Transparenz zu schaffen. “Das zentrale Grundbuch muss öffentlich gemacht werden, um eine Prüfung von Eigentümern zu ermöglichen und so Geldwäscher abzuschrecken”, fordert der Studienautor Markus Henn.
Über Briefkastenfirmen werden oft die wahren Hintermänner und die Herkunft des Geldes verschleiert. Die Grünen-Finanzpolitikerin Lisa Paus forderte die Bundesregierung auf, dem Thema, das ja letztlich auch steigende Mieten und Kaufpreise mitverursacht, höchste Priorität einzuräumen. “Deutschland darf nicht weiter als sicherer Hafen für schmutziges Geld aus aller Welt dienen.” Im Immobiliensektor sehe man derzeit, “wie Geldwäsche erheblichen Schaden anrichtet und den sozialen Frieden gefährdet”. Zentral sei mehr Transparenz durch die Einrichtung eines Immobilienregisters nach britischem Vorbild. “Nur wer seine Finanzen und Hintermänner offenlegt, sollte das Recht haben, in Deutschland Immobilien zu kaufen”, forderte Paus. Nur dadurch bekomme man einen Überblick, “wer die deutschen Städte aufkauft”.
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