/Alexa und Google Home hören immer mit – machen sie bald auch Paarberatung?

Alexa und Google Home hören immer mit – machen sie bald auch Paarberatung?

Finstere Zeiten für Paartherapeut*innen. In einer Studie haben Forscher*innen der Imperial College Business School in London sich mal genauer angeschaut, was Geräte wie Alexa, Apples HomePod und Google Home neben Musikanfragen bearbeiten, übers Wetter plaudern und sonstige profane Befehle empfangen bald auch auf der Beziehungsebene leisten können werden.

Ein plausibler Forschungsansatz – bedenkt man, dass allein in den USA in 50 Millionen Haushalten schon ein Smart Speaker steht; hier in Deutschland in jedem achten. Laut der Untersuchung soll die künstliche Intelligenz im Lautsprecher bis 2021 zum Beispiel in der Lage sein, mit 75 Prozent Treffsicherheit vorherzusagen, ob eine Partnerschaft glücklich ist oder scheitern wird. Alles basierend auf Kommunikation in der Beziehung.

Mit Technik gegen Missverständnisse

Die Idee ist simpel: Die künstliche Intelligenz im Lautsprecher hört zu. Dann, wenn ihr ganz normal über Alltägliches plaudert; aber auch dann, wenn ihr euch passiv-aggressiv anzickt, wütend anbrüllt oder einfach nur schweigt. Alles wird akustisch analysiert. Wenn dann eine Diskussion zu hitzig werden sollte oder ins Leere läuft, gibt’s Ratschläge und Vermittlungsversuche vom Sprachassistenten.

„Künstliche Intelligenz könnte einen entscheidenden Einfluss auf Kommunikationsmuster in einer Beziehung haben“, erklärt die an der Studie beteiligte Computer- und Wirtschafts-Wissenschaftlerin Aparna Sasidharan. Häufig liegen einem Konflikt nämlich Missverständnisse zugrunde, wenn zum Beispiel der*die eine eher sachlich-lösungsorientiert denkt und spricht, der*die andere in dem Moment aber eher auf der emotionalen Ebene abgeholt werden will.

Digitale*r Therapeut*in

Aber kann ein kluger Lautsprecher wirklich akuten Beziehungs-Zoff lösen und sogar dauerhaft helfen? Für Aparna Sasidharan ist das keine Frage. Künstliche Intelligenz könne durch zuhören lernen, wie ein Paar kommuniziert und in Diskussionen direkt auf überhörten Subtext und unterschwellige Hinweise reagieren: „Sie kann optimale Wege finden, gängige Probleme zu diskutieren und typische Missverständnisse auflösen, indem sie verschiedene Prioritäten und Weltanschauungen berücksichtigt.“

Also, Beziehungskrisen in Echtzeit moderiert von einer gesichtslosen Stimme aus dem Lautsprecher? „Entschuldigung. Was Hanna eigentlich meint, ist …“ Eine mulmige Vorstellung.

Will man das wirklich?

Denn es gibt durchaus berechtigte Bedenken. Was schlimmstenfalls sonst noch mit mitgehörten Gesprächen passieren kann, zeigt ein Fall aus Portland (USA). Dort hatte Alexa im Mai dieses Jahres unautorisiert eine private Unterhaltung aufgezeichnet und an eine zufällige Telefonnummer in den Handy-Kontakten gesendet.

Amazon erklärte den Vorfall so: „Echo sprang auf ein Wort im Hintergrundgespräch hin an, das klang wie ‚Alexa‘. Dann wurde die folgende Unterhaltung als Sende-eine-Nachricht-Anfrage interpretiert. Daraufhin fragte Alexa ‚An wen?‘ und im Gespräch fiel der Name aus den Kontakten.“ Für die Besitzerin war das „eine totale Verletzung der Privatsphäre“.

Denn nichts ist intimer, roher und mitunter delikater als das, was sich zwei Liebende zu sagen haben – sowohl im Streit oder beim Sex als auch im banalen Alltag. Die Kommunikation in der Beziehung ist höchst intim. Bei niemandem sonst schleift ihr eure Schutzmauern derart runter, lasst euch gehen, offenbart eure innersten Zweifel, größten Schwächen und tiefsten Traumen so wie bei eurem*r Partner*in. Und so nützlich eine neutrale Instanz dabei auch sein kann – all das geht niemanden etwas an. Erst Recht keinen neunmalklugen Lautsprecher mit Hörproblem.

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