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Digitalpakt: Eigentlich geht es ums Geld

Seit zwei Jahren wird der Digitalpakt für die Schulen geplant. Er wird auch von allen herbeigesehnt. Schon im Koalitionsvertrag vom Frühjahr wurden deshalb die Eckpunkte dafür festgelegt. Dazu gehörte auch damals schon eine Grundgesetzänderung. Sie sieht vor, das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern in Schulfragen aufzuweichen. Der Bund darf damit in Zukunft nicht nur finanzschwachen Kommunen, sondern allen Ländern Geld für die Schulen geben. CDU-Ministerpräsidenten haben ihn mitverhandelt. Sogar der Termin für den Digitalpakt, der 1.1.2019, steht schon lange.

Und nun der Aufstand: Nicht nur einige unionsregierte Länder und
Baden-Württemberg kündigen wie erwartet an, im Bundesrat gegen
eine Grundgesetzänderung und damit gegen den Start des Digitalpakts zu stimmen. Sie tun es mit großer Empörung und es schließen sich auch SPD-regierte Länder an. Was soll das?

Qualität und Leistungsfähigkeit

Geht es um die Formulierungen? Tatsächlich darf der Bund sich in Zukunft einmischen in die Bildungspolitik der Länder. Er kann Projekte finanzieren, die “gesamtstaatlich” wichtig sind. So soll es laut Vereinbarung aus dem Bundestag im Grundgesetz stehen. Es steht außerdem nicht in dem Entwurf, dass der Bund nur in Stühle, Toiletten und Laptops investieren darf. Es werden außer Infrastruktur die Wörter “Qualität und Leistungsfähigkeit” genannt – und die signalisieren einen Eingriff in die Inhalte der Bildungspolitik. Der Staat könnte also in Zukunft mithilfe des Geldes mitbestimmen, wo Prioritäten in der Bildungspolitik gesetzt werden.

Im Bildungswesen hat sich der Föderalismus tatsächlich grundsätzlich bewährt. Bildung soll in der Nähe der Schulen geplant werden, von Politikern, die wissen, welche Bedürfnisse die Menschen in unterschiedlichen Regionen wirklich haben. Was für eine Brennpunktschule in Bremen gut ist, muss nicht auch einer Schule helfen, die auf dem Land in Sachsen-Anhalt arbeitet. Im besten Fall inspirieren sich Länder gegenseitig mit neuen Ideen.

Allerdings gibt es darüber hinaus Schwerpunkte, die länderübergreifend wichtig sind und die sich viele Länder nicht oder nur ungenügend leisten können. Schulen in ganz Deutschland sind etwa im internationalen Vergleich immer noch zu ungerecht, es ist dringend notwendig, dass auch Kinder aus armen oder ungebildeten Familien mehr Chancen auf einen guten Abschluss bekommen.

Aber zunächst geht es konkret darum, die Digitalisierung voranzutreiben. Ebenfalls ein Feld, indem Deutschland schlecht dasteht. Der Bund will fünf Milliarden Euro für die Ausstattung der Schulen ausgeben. Dazu gehört nicht nur, WLAN und Computer anzuschaffen, sondern auch, dafür zu sorgen, dass sinnvolle digitale Lernkonzepte für alle bereitstehen und die Lehrer damit umgehen können.

Niemand plant, den Föderalismus abzuschaffen

Damit plant jedoch niemand, den Föderalismus abzuschaffen, so wie es sich in den lauten Klagen der Gegner der Gesetzesänderung anhört. Die Bildungshoheit der Länder wird nicht aufgehoben. Wenn in Zukunft der Bund bestimmen wollte, ein einheitliches Schulsystem zu etablieren – etwa mit einer Gemeinschaftsschule für alle oder umgekehrt mit der einheitlichen Rückkehr zur Hauptschule, Realschule und Gymnasium – würden sich viele Länder verweigern. Der Bund würde auf seinem Geld sitzen bleiben. Nicht einmal ein Zentralabitur in allen Fächern kann der Bund durchsetzen. Gemeinsame Bildungsstandards können weiterhin nur mühsam unter den Kultusministern und -ministerinnen ausgehandelt werden.

Das heißt auch, es wird in absehbarer Zeit kein vergleichbares Schulsystem geben, was sich viele Eltern von der Grundgesetzänderung wünschen. Sie werden noch lange nicht einfach von einem Bundesland ins andere ziehen können, ohne dass die Kinder sich komplett umgewöhnen müssen. Aber: Der Bund kann in Zukunft immerhin in bestimmten Projekten, über die grundsätzlich Konsens besteht, Druck ausüben. Wenn die Länder das angebotene Geld nicht abrufen, werden sie sich rechtfertigen müssen, warum sie es nicht tun.

Es gibt aber einen zweiten, vielleicht entscheidenderen Grund für den Widerstand aus den Ländern. Es geht ums Geld. Denn womit die Länder überrascht wurden, ist, dass ab 2020 festgelegt werden soll, dass der Bund für Projekte 50 Prozent des Geldes zur Verfügung stellt und die Länder die anderen 50 Prozent. Das jedoch würde viele Länder überfordern, sie könnten sich im Zweifel ihre selbst gesetzten Schwerpunkte nicht mehr leisten. Zur Zeit bezahlt beispielsweise beim Digitalpakt der Bund 90 Prozent und die Länder bloß die restlichen zehn.

Deswegen dient der Länderaufstand wohl vor allem dazu, möglichst viel Druck in einem Vermittlungsausschuss zu erzeugen, um nachzuverhandeln. Die Länder wurden so kurz vor dem Start mit überzogenen Erwartungen überrumpelt. Leider kann das auch bedeuten, dass die Schulen nicht wie geplant ab Januar Geld für die Digitalisierung bekommen.

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