Wer wird die CDU in Zukunft führen? 1.001 Parteimitglieder stimmen an diesem Freitag darüber ab; eine weitreichende Entscheidung, schließlich könnte der Sieger auch nächste Kanzlerin oder nächster Kanzler werden. Wer also sind die Menschen, die auf dem Parteitag in Hamburg diese wichtige Frage entscheiden?
Im Grunde kann jedes CDU-Mitglied Delegierter oder Delegierte auf einem Parteitag werden. Bewerber müssen bei einem Kreis- oder Bezirksparteitag für dieses Amt kandidieren und dann von anderen Parteimitgliedern gewählt werden. Die Regularien unterscheiden sich aber je nach Landesverband der CDU. Manchmal wählen auch Landesparteitage die Delegierten. Das Delegiertenmandat ist auf zwei Jahre begrenzt. Viele CDU-Mitglieder werden aber häufig wiedergewählt.
Die meisten Delegierten sind keine einfachen Parteimitglieder, sondern üben darüber hinaus bestimmte Funktionen aus, sei es als Abgeordnete oder als Bürgermeister oder Minister oder Vorsitzende einer Parteigruppierung. Das hat auch damit zu tun, dass es bei der Aufstellung der Delegierten viel Konkurrenz gibt. Man muss schon ein bisschen bekannt sein in der CDU, um eine Chance zu haben, gewählt zu werden. Mindestens ein Drittel der Delegierten sollen nach den Statuten der Partei Frauen sein. Auch wenn es in der CDU keine harte Quote gibt, wurde dieser Anteil zuletzt immer erreicht.
Auch jeder Auslandsverband der CDU darf einen Delegierten entsenden. Einen solchen
gibt es nur in Brüssel, so kommt es zu der ungeraden Zahl von 1.001
Delegierten. Wie die übrigen 1.000 Delegiertenplätze auf die Landesverbände verteilt werden, hat mit der Anzahl der Parteimitglieder in dem jeweiligen Land, dem Verhältnis von Parteimitgliedern und Bevölkerungsstärke und dem jeweils letzten Landtagswahlergebnis zu tun. Mit 296 Mitgliedern ist der nordrhein-westfälische Landesverband in Hamburg am stärksten vertreten, die wenigstens Delegierten – nämlich fünf – stellt der Landesverband Bremen.
Die allermeisten der jetzigen Delegierten wurden gewählt, bevor klar
war, dass auf diesem Parteitag über die Nachfolge von Angela Merkel
entschieden wird. Wir stellen vier Christdemokraten vor, die über die Nachfolge von Angela Merkel entscheiden.
Birte Glißmann
Der jetzige Parteitag ist der dritte, auf dem ich dabei bin. Vor zwei Jahren bin ich zum ersten Mal zur Delegierten für den
Bundesparteitag gewählt worden. Dass es diesmal so spannend werden
würde, konnte ich da noch nicht ahnen.
Ich bin 25 Jahre alt, Rechtsreferendarin und lebe in Seestermühe, einem 900 Einwohner-Ort im südlichen Schleswig-Holstein, 30 Kilometer von Hamburg entfernt. Seit einer Woche bin ich Landesvorsitzende der Jungen Union in Schleswig-Holstein. Schon als Schülerin war mir der Leistungsgedanke wichtig. Wenn Mitschüler über Gerechtigkeit sprachen, fand ich oft, dass sie in Wahrheit eher über Gleichmacherei reden. Über Freunde bin ich mit 16 zur Jungen Union gekommen und ein Jahr später in die CDU eingetreten.
Ich habe mich noch nicht entschieden, wen ich zu Merkels Nachfolger wählen werde. Das hängt davon ab, was bis dahin noch so passiert. Ich erwarte von der oder dem Vorsitzenden, dass sie oder er in der Partei echt gut verankert ist. Es geht nicht nur darum, pointiert Forderungen nach außen zu vertreten, sondern eben auch, sich um die Partei zu kümmern. Ich wünsche mir jemanden, der nahbar ist, der sich auf die Leute einlassen kann. Insofern gibt es bei mir eine Tendenz zu Annegret Kramp-Karrenbauer. Dass sie eine Frau ist, spielt dabei keine Rolle. Das Geschlecht ist mir völlig egal.
Jens Spahn macht seinen Job als Minister sehr gut. Aber wenn es darum geht, ein möglichst breites Meinungsspektrum in der Partei abzubilden, ist das bei ihm schwierig. Von Friedrich Merz würde ich mir wünschen, dass er in der Politik bleibt, auch wenn er nicht gewählt wird, auch weil er Menschen erreicht, die sich in der Vergangenheit nicht so gut angesprochen gefühlt haben. Wenn er sich nach einer Niederlage einfach wieder zurückzöge, wäre ich schon enttäuscht.
In meiner Entscheidung bin ich völlig frei. Es gibt keine Vorgabe des Landesverbands, wen wir wählen sollen, auch wenn unser Landesvorsitzender Daniel Günther kein Geheimnis daraus macht, dass er Kramp-Karrenbauer unterstützt. Für die Zukunft wünsche ich mir vor allem, dass die Kommunikation zwischen der Parteispitze und den Mitgliedern besser wird. Inhaltlich müssen wir abschließend – aber auch wirklich abschließend – das Thema Migration diskutieren und wir müssen unseren Wirtschaftsflügel wieder besser einbinden. In Zeiten der großen Koalition müssen wir überlegen, wie wir uns von der SPD abgrenzen können. Ich hoffe, dass die Diskussionen auf dem Bundesparteitag genauso offen stattfinden wie jetzt im Vorfeld. Dann kann in Hamburg alles passieren. Viele sagen, die CDU sei diskussionsmüde, das habe ich so bisher überhaupt nicht so wahrgenommen.
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