Wegen der Spannungen mit Russland hat die Ukraine ihre Reservetruppen alarmiert. Sie würden für
Trainingseinheiten im Rahmen des Kriegsrechts einberufen, sagte
Präsident Petro Poroschenko. Einige Militäreinheiten würden
demnach auch versetzt, um die Verteidigung des Landes zu stärken.
Das ukrainische Parlament hatte vor einer Woche beschlossen, ab Mittwoch für 30 Tage das Kriegsrecht
in Teilen des
Landes zu verhängen. Kürzlich hatte die Ukraine zudem russischen Männern zwischen 16 und 60 Jahren die Einreise verboten. Der Grund dafür: Die
russische Küstenwache hatte in der Straße von Kertsch zwischen der
Halbinsel Krim
im Schwarzen Meer und der russischen Küste drei ukrainischen Marineschiffen die Einfahrt ins
Asowsche Meer verwehrt und die Boote beschossen.
Mehrere ukrainische
Marinesoldaten wurden verletzt und insgesamt 24 Besatzungsmitglieder
festgenommen. Sie sollen wegen Verletzung der russischen Grenze vor
Gericht kommen und sind für die Untersuchungshaft in ein Gefängnis nach Moskau verlegt worden.
Bei einem
Prozess in Russland drohen ihnen bis zu sechs Jahre Haft. Unter ihnen
befinden sich nach ukrainischen Angaben auch Geheimdienstoffiziere.
Die Situation in der Ukraine
von Russland kontrollierte Gebiete
Der ukrainische Präsident
Poroschenko warnte, Russland könnte einen groß angelegten
Angriff auf sein Land planen. Russland verlege außergewöhnlich viele
Truppen an die Grenze, sagte Poroschenko. Der Ukraine drohe ein
“groß angelegter Krieg” mit Russland. Er bat Deutschland um Hilfe: “Deutschland
gehört zu unseren engsten Verbündeten, und wir hoffen, dass in der
Nato jetzt Staaten bereit sind, Marineschiffe ins Asowsche Meer zu
verlegen, um der Ukraine beizustehen und für Sicherheit zu sorgen”,
sagte Poroschenko der Bild.
Russlands Präsident Wladimir Putin warf der Ukraine
vor, sie habe mit dem Kriegsrecht übertrieben auf den
militärischen Vorfall im Schwarzen Meer reagiert. Es habe sich um nichts
anderes gehandelt als um einen Grenzzwischenfall, sagte Putin bei einem
Finanzforum in Moskau. Die russischen Einheiten hätten lediglich “ihre
militärische Pflicht” getan. Der Schutz der russischen Grenze sei “die
gesetzmäßige Aufgabe” der Küstenwache.
Bundesregierung befremdet von Putins Äußerungen
Unterdessen stellt der Kreml nach Agenturberichten die Absprache mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Aufarbeitung des Zwischenfalls im Schwarzen Meer in Frage. Das sogenannte Normandie-Format mit Russland, der Ukraine, Frankreich und Deutschland beschäftige sich “mit der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen” zur Ostukraine, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau.
“Die Provokation der ukrainischen Seite in russischen Territorialgewässern gehört kaum zum Geltungsbereich der Minsker Vereinbarungen”, wurde er von der staatlichen Agentur Tass zitiert. Merkel hatte wegen dieser neuen Eskalationsstufe zwischen Russland und der Ukraine beim G20-Gipfel in Argentinien mit Kremlchef Wladimir Putin gesprochen. Sie regte an, den Fall im Normandie-Format auf Ebene der außenpolitischen Spitzenberater zu besprechen. “Das ist auch zustimmend zur Kenntnis genommen worden”, sagte sie in Buenos Aires.
Der Kremlsprecher dementierte zudem Vorwürfe aus der Ukraine, Russland habe die Meerenge von Kertsch zwischen dem Schwarzen und dem Asowschen Meer für ukrainische Schiffe gesperrt. Der Rückstau von Schiffen auf beiden Seiten der Meerenge liege am schlechtem Wetter.
Die Bundesregierung nahm die jüngsten Äußerungen Putins zum Ukraine-Konflikt “mit Befremden zur Kenntnis”, wie Regierungssprecher Steffen Seibert sagte. Putin hatte auf dem G20-Gipfel in Buenos Aires die Ukraine auf dem G20-Gipfel als “Partei des Krieges” bezeichnet. Die jetzige Führung der Ukraine sei nicht an einer Lösung der Situation interessiert – “schon gar nicht mit friedlichen Mitteln”, hatte Putin zum Abschluss des Gipfels gesagt.
Seibert sagte dazu, die ukrainische Regierung sei die legitime und demokratisch gewählte Vertretung ihres Landes und bleibe legitimer Verhandlungspartner im Minsk-Prozess zur Entschärfung des Konflikts. Die völkerrechtswidrige Annexion der Krim gehe von Russland aus, ebenso die Unterstützung der Separatisten im Osten der Ukraine. “Also liegt dort die Hauptverantwortung für die Krise und die Gewalt, die in der Ost-Ukraine schon so viele Todesopfer gefordert hat.”
Das Thema habe auch bei den bilateralen Treffen von Merkel mit Putin und US-Präsident Donald Trump eine Rolle gespielt. Dabei habe Merkel bekräftigt, dass die freie Schifffahrt in das Asowsche Meer und der Zugang zu den ukrainischen Häfen gewährleistet sein müsse.
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