ZEIT GELD:
Frau Rakete-Dombek, ich habe in diesem Jahr geheiratet. Ohne Ehevertrag.
Bin ich naiv?
Ingeborg Rakete-Dombek: Moment, Sie haben ja Regelungen: die Gesetze. Auf dem Standesamt haben Sie beide unterschrieben, dass Sie alles teilen, was Sie nach der Heirat an Vermögen ansammeln, auch die Rentenanwartschaften. Wenn Sie mehr in die Rentenkasse einzahlen als Ihr Mann, geben Sie ihm später etwas von Ihrer Rente ab. Und es gibt eine Unterhaltspflicht, falls Sie sich scheiden lassen. Ich hoffe, Sie wussten das, bevor Sie das Jawort gegeben haben.
ZEIT GELD: Um ehrlich zu sein, nur vage.
Rakete-Dombek: Die meisten wissen nicht, worauf sie sich bei der Ehe einlassen. Viele Paare planen ihre Hochzeit genau, denken aber kaum über die rechtlichen Folgen einer Ehe nach, Eheverträge gelten als unromantisch. Die Gesetzeslage ist aber noch unromantischer und immer noch auf die Hausfrauenehe eingestellt. Sie schützt den finanziell Schwächeren, was grundsätzlich gut ist. Aber ich finde es nicht zeitgemäß, dass bei der Scheidung auch Vermögen geteilt wird, das nicht auf gemeinsamer Arbeitsleistung beruht. Mal angenommen, Sie haben vor der Ehe eine Wohnung gekauft. Wenn sich deren Wert während der Ehe verdreifacht, müssen Sie den Wertzuwachs mit Ihrem Mann teilen. Wenn er dazu nichts beigetragen hat, ist das ungerecht.
ZEIT GELD: Und das kann man im Ehevertrag regeln?
Rakete-Dombek: Im Ehevertrag kann man Vereinbarungen über Vermögen, Unterhalt und Rentenausgleich festschreiben. Dafür muss das Paar über die weitere Lebensplanung reden, was ich wichtig finde. Einseitig unfaire Vereinbarungen sind ausgeschlossen, man kann nicht festlegen, dass ein Partner die Kinder betreut, bis sie 18 sind – und dann komplett auf den Unterhalt oder Rentenausgleich verzichten.
ZEIT GELD: Ist das Aushandeln eines Ehevertrags ein Test, ob man langfristig
zusammenpasst?
Rakete-Dombek: Wenn ich Paare berate, habe ich bei manchen das Gefühl, sie diskutieren zum ersten Mal über ihre Zukunft. Solche Paare schicke ich wieder nach Hause, damit sie das klären. Ein Paar habe ich mal nach dem Kinderwunsch gefragt. Es war kurz still. Dann sagte der Mann: “Ja, vier Kinder.” Sie sagte: “Oh. Und wer soll sich darum kümmern? Du reist doch die ganze Zeit.” Er antwortete: “Na, du.” Die Frau meinte dann, dass sie sich noch mal unterhalten müssen. Sie kamen nicht wieder.
ZEIT GELD: Kann man im Ehevertrag auch regeln, wer einkaufen geht und den Müll
rausbringt?
Rakete-Dombek: Man kann natürlich schreiben: Die Frau verpflichtet sich, die Pille zu nehmen. Oder: Der Mann macht jeden Morgen einen Pudding mit Soße. Aber wie will man das umsetzen? Mit Vertragsstrafen? Das geht nicht. Wenn Ihnen nicht passt, was Ihr Partner tut, können Sie sich nur trennen. Und bei der Scheidung gibt es weder Schuld noch Schadensersatz für enttäuschte Erwartungen. Manche Mandantinnen wollen eine Art Ausgleich für ihre Kränkung: Er hat mich betrogen, jetzt soll er zahlen. Das geht hierzulande nicht.
ZEIT GELD: Was sind andere häufige Irrtümer?
Rakete-Dombek: Einige glauben, dass sie für die Schulden ihres Partners haften. Das stimmt nicht. Nur wenn man etwas gemeinsam gekauft oder geliehen hat, haften beide. Deswegen sollte man auch kein gemeinsames Konto mit jemandem führen, der Schulden hat.
ZEIT GELD: Sonst sind gemeinsamen Konten sinnvoll?
Rakete-Dombek: Sie sind kompliziert. Wenn man sich trennt, muss man auseinanderfusseln, wem was gehört. Einigt man sich nicht, steht jedem die Hälfte des Guthabens zu – unabhängig davon, wer wie viel eingezahlt hat. Dabei ist es nicht verwerflich, sein Vermögen zu sichern. Männer haben da wenig Hemmungen.
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