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Nazi-Mode: Waffen, Runen, Berge

DIE ZEIT:
Herr Schulze, es kommt öfter vor, dass bestimmte Modelabels sagen: Ihre Kleidung werde von Rechtsextremen gegen ihren Willen vereinnahmt. Ist das möglich?

Christoph Schulze:
Es passiert jedenfalls immer wieder. Es gibt viele unterschiedliche rechte und rechtsextreme Strömungen, und genauso unterschiedlich ist deren Mode. Manche Neonazis orientieren sich modisch an der Alternativkultur, andere tragen eindeutige politische Symbole. Gemeinsam ist ihnen allen höchstens das Image, das sie transportieren wollen und das sie zu bestimmten Marken bringt.

ZEIT:
Und das wäre?

Schulze:
Die Kleidung soll die eigenen wehrhaften, eventuell aggressiven Wesenszüge zum Ausdruck bringen. Da sehen Sie Wikinger auf der Brust oder Totenköpfe am Rücken. Fast immer geht es darum, Stärke und eine gewisse Form der Männlichkeit zu demonstrieren. Häufig pflegen Rechtsextreme ein Bad-Boy-Image, ein Rebellentum. Wenn Kleidungsmarken nun genau dieses Image bedienen, wenn sie etwa auffällige Kleidung mit martialischen Symbolen produzieren, dann werden sie manchmal bei Rechtsextremen besonders beliebt, obwohl sie es vielleicht nicht darauf angelegt hatten. Manche legen es aber auch darauf an.

ZEIT:
Welche zum Beispiel?

Schulze:
Die Marke Ansgar Aryan etwa. Sie wurde von einem Oberpfälzer Neonazi gegründet. Die Kleidung wird offensiv auf rechtsextremen Seiten beworben. Als Käufer erweist man auch seiner Szene einen konkreten Dienst.

ZEIT:
Sieht man es den T-Shirts an, dass ein Rechtsextremer sie verkauft?

Schulze:
Die Motive von Marken wie Ansgar Aryan sind eindeutig, die Verherrlichung der “Arier” steckt hier schon im Markennamen. Besser verkauft sich jedoch weniger eindeutige Mode, etwa die von Thor Steinar. Die ist weiterhin ein wichtiges Erkennungszeichen der rechtsextremen Szene, die Firma macht Millionenumsätze.

ZEIT:
Was macht sie beliebt?

Schulze:
Eben dass sie uneindeutiger ist. Viele der Träger wollen im Zweifel nicht zugeben, etwas mit Rechtsextremismus am Hut zu haben. Auch viele Motive sind eher diffus: Totenköpfe, Waffen und Runen, aber auch Berglandschaften oder Darstellungen aus der nordischen Mythologie.

ZEIT:
Wer Thor Steinar kauft, weiß doch aber, dass das viele Rechtsextreme tragen.

Schulze:
Genau, aber wenn dich der Ordner im Fußballstadion auf dein T-Shirt anspricht, kannst du entgegnen: Was stört dich denn am Wikingerschiff? Dieses Spiel mit Affirmation und Distanzierung ist typisch für den Rechtsextremismus und macht Mode, die mit Andeutungen arbeitet, zu einem Erfolgsmodell.

ZEIT:
Welche Marken haben dagegen das Problem, vereinnahmt zu werden?

Schulze:
Da fällt einem gleich Fred Perry ein. Sie gehört zu den Marken, die weder rechte Codes verwenden, noch von Rechtsextremen gegründet wurden – und trotzdem in der Szene beliebt sind. Aktuell schätzen etwa Anhänger der Identitären Bewegung diese Marke. Die Hemden sind integrierbar in einen Stil, der ein sauberes, mitteleuropäisches Körperideal betont. Eine Rolle spielt sicher das Logo, der Lorbeerkranz, als Zeichen für Sieg, für ehrenhaften Kampf. Aber das ist noch nicht der ganze Grund dafür, dass die Marke bei Rechtsextremen so beliebt wurde.

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