/“Die Wege des Herrn”: Mann Gottes

“Die Wege des Herrn”: Mann Gottes

Die Grausamkeit des Glaubens hat im skandinavischen Kino eine lange Tradition. Ingmar Bergmann schuf in Fanny und Alexander (1982) den Prototyp
des asketischen, unbarmherzigen Pastors. Und Lars von Trier führte in seinem
Frühwerk Breaking the Waves (1996) eine
junge Frau aus einer streng gläubigen Gemeinde in eine Art Märtyrerinnentod.

Es ist interessant, dass sich Dänemarks derzeit berühmtester
Serienschöpfer Adam Price nach dem internationalen Erfolg seiner Politserie Borgen ausgerechnet den Glauben als neues Thema
gewählt hat. Seine neue zehnteilige Serie Die Wege des Herrn, eine Koproduktion zwischen dem dänischen Sender DR und arte France, läuft nun in Deutschland an.

Sein Pastor Johannes Krogh (Lars Mikkelsen, bekannt unter anderem als
russischer Präsident in House of Cards)
ist kein Asket, sondern ein Charismatiker, ein Menschenfänger im christlichen
Sinne, einer, der wieder Leidenschaft in leere Kirchen bringen möchte.
Er will seinen Gemeindemitgliedern Sinnstifter und Sprachrohr sein. Denn wenn
es um sein Verhältnis zur Spiritualität geht, ist der moderne Mensch
ungewöhnlich sprachlos, findet Krogh.
“Ja, ich glaube an Gott”, sagt er in seiner Bewerbungsrede zur Wahl
zum Bischof von Kopenhagen. “Diese Aussage ist fast kontroverser, als wenn
ich mich hinstellen und euch in allen Einzelheiten erzählen würde, wo, wie und
wann ich zuletzt Sex hatte.”

Doch bevor er sein Lebensziel erreicht, verliert
Krogh kurz die Kontrolle, er teilt gegen den Islam und die “frauenhafte
politische Korrektheit” aus und unterliegt in der Bischofswahl knapp
seiner Mitbewerberin. Für Krogh ist es eine unglaubliche Kränkung: als Mann und
als Mann Gottes. Es folgt sein totaler Absturz in Alkohol, Sex und
Depression. Schon bald weiß der oder die Zuschauende: Es ist nicht das erste Mal, der
Pastor ist ein Quartalssäufer.

Lars Mikkelsen spielt diesen manisch-depressiven,
selbstherrlichen, gepeinigten Johannes Krogh grandios. Gerade hat er für diese Rolle
den International Emmy Preis als Bester Hauptdarsteller erhalten. Sein
Scheitern betrachtet Krogh als Versagen Gottes höchstpersönlich. Er hat doch
Jesus am Holzkreuz umarmt, mit Gott einen Pakt geschlossen, um die erfolgreiche
Dynastie seiner Familie fortzusetzen!

Hier schließt sich der Kreis zu Borgen, denn auch in Die Wege des Herrn geht es um Machtstreben
und Machterhalt. Krogh wird für den Bestand der 250-jährigen Pfarrertradition
vor nichts zurückschrecken, er opfert dafür sogar den Seelenfrieden seines
Sohnes August (Morten Hee Andersen).

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