/Brexit: Bank of England warnt vor schwerster Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten

Brexit: Bank of England warnt vor schwerster Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten

Großbritannien
droht im Falle eines EU-Austritts ohne Abkommen die schwerste
Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg. Das ist das Ergebnis
verschiedener Brexit-Szenarien der britischen Notenbank Bank of England. Demnach würde die Wirtschaft bei einem ungeregelten Brexit
innerhalb eines Jahres um acht Prozent schrumpfen. Zudem dürfte das
britische Pfund 25 Prozent Wert gegenüber dem US-Dollar verlieren,
während die Inflationsrate um 6,5 Prozent steigt. Auch eine
steigende Arbeitslosigkeit erwarten die Analysten.

Die Folgen wären
damit schlimmer als bei der internationalen Finanzkrise 2008. Damals
war die britische Wirtschaft um 6,25 Prozent geschrumpft. Ein sogenannter No Deal würde die Wirtschaft laut der Bank of England so hart treffen, weil die Finanzmärkte das Vertrauen in die britischen Institutionen verlieren und die neuen Grenzkontrollen Lieferungen deutlich verzögern würden. Zudem
würden Arbeitskräfte das Land massenhaft verlassen. Zwar hält die
Zentralbank dieses Szenario nicht das wahrscheinlichste, aber für plausibel. “Unsere Aufgabe ist es nicht,
auf das Beste zu hoffen, sondern uns auf das Schlimmste
vorzubereiten”, sagte Notenbank-Chef Mark Carney.

Doch selbst ein
Brexit mit einem Austrittsabkommen würde deutliche negative Auswirkungen auf
die Wirtschaft haben. Bei einem – wie von der britischen Regierung
gewünschten – reibungslosen Fortgang des Handels und mit
unveränderten Einwanderungsbedingungen würde die Wirtschaft um 0,6
Prozent weniger wachsen, als wenn Großbritannien in der EU bliebe. Ohne Zuwanderung und mit Einschränkungen
beim freien Handel durch den Austrittsvertrag läge der Einbruch beim
Wirtschaftswachstum bei 3,9 Prozent.

Theresa May sieht sich bestätigt

“Die
Analyse zeigt nicht, dass wir in der Zukunft ärmer sein werden als
heute”, sagte Premierministerin Theresa May in der wöchentlichen
Fragestunde im Parlament. Sie bestätige jedoch, dass Großbritannien mit
der mit der EU verhandelten Austrittsvereinbarung “besser dran”
sei. May wirbt derzeit im eigenen Land um Zustimmung für das
Brexit-Abkommen, das die verbleibenden 27 EU-Staaten am
vergangenen Sonntag angenommen haben. Es ist völlig offen, ob May
bei der Abstimmung am 11. Dezember im Parlament eine Mehrheit für
den Austrittstext findet. Ein ungeregelter Brexit ist also noch
möglich.

Auch der
britische Finanzminister Philip Hammond wirbt dafür, das Abkommen anzunehmen. Die vorliegende Vereinbarung sei unter den gegebenen
Umständen die kostengünstigste für Großbritannien, sagte Hammond.
Aus rein wirtschaftlicher Sicht habe der Brexit zwar seinen Preis,
räumte Hammond in der BBC ein. Aber: “Das was die Premierministerin
macht, ist, die Kosten zu minimieren.” Hammond sprach
in der BBC von “sehr moderaten Auswirkungen” auf die
britische Gesamtwirtschaft durch das Abkommen, das somit der “beste
Weg ist, die EU zu verlassen”.

Laut einem
Bankenstresstest der Bank of England wären zumindest die Banken auf
einen ungeregelten Brexit vorbereitet. Keiner der sieben größten
Banken Großbritanniens bräuchte staatliche Hilfe. Bei den Unternehmen und
Behörden
sieht das anders aus. Umfragen legten nahe, dass das Land
noch nicht vollständig auf einen Brexit ohne Abkommen vorbereitet
sei, sagte Notenbank-Chef Carney bei der Vorstellung der Berichte.

Großbritannien
wird am 29. März 2019 aus der EU ausscheiden. In 17-monatigen
Verhandlungen wurde ein knapp 600 Seiten umfassender Austrittsvertrag
ausgehandelt. Darin sind die Bedingungen der Trennung festgeschrieben – etwa die Rechte von EU-Bürgern in Großbritannien und
Schlusszahlungen Großbritanniens an die EU von schätzungsweise rund
45 Milliarden Euro. Vorgesehen ist außerdem eine Übergangsfrist bis
Ende 2020, in der Großbritannien im EU-Binnenmarkt und in der
Zollunion bleibt. Diese könnte bis Ende 2022 verlängert werden.

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