/Migration: Viel Lärm um wenig

Migration: Viel Lärm um wenig

Das
Thema Migration vergeht nicht. Es bereitet nach den jüngsten Umfragen fast der
Hälfte der Deutschen große Sorgen. Und nicht nur die AfD hackt beständig darauf
herum; es ist ja ihr einziges Thema. Auch die CDU hält es unverständlicherweise am Brodeln, ganz, als habe ihr der Flüchtlingsstreit mit Horst Seehofer
nicht schon die letzten sechs Monate gründlich verdorben.

Worum
geht es? Zum einen hat Friedrich Merz, der sich um den Vorsitz der CDU bewirbt,
mit teils missverständlichen, teils irrigen Äußerungen
zu dem im Grundgesetz
verankerten Asylrecht eine völlig unnötige Auseinandersetzung heraufbeschworen. Er weckte den Eindruck, es müsse abgeschafft werden, um eine übergreifende europäische Lösung zu
ermöglichen. Was nicht der Fall ist.

Zum anderen hat der von den 193 UN-Mitgliedern ausgehandelte
“Globale Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration”, den die
Bundesregierung nicht nur den Bürgern, sondern auch dem Bundestag unvermittelt
und kommunikationslos vorgesetzt hat, allerhand Besorgnis ausgelöst. Mit seinem
Vorstoß, den Pakt nächste Woche auf dem CDU-Parteitag zur Diskussion zu
stellen, hat auch der Merz-Konkurrent Jens Spahn versucht, Unterstützung für seine Vorsitzambitionen zu gewinnen. Was ist daran?

Friedrich Merz, um es unverblümt zu sagen, hat sich blöde vertan. Er irrte sich gleich in
mehrfacher Hinsicht. Erstens: Die Bundesrepublik ist nicht das einzige Land,
“das ein Individualrecht auf Asyl in seiner Verfassung stehen hat” – es steht
auch in dem französischen, italienischen oder portugiesischen Grundgesetz.

Zweitens: Man habe das “uneingeschränkte Recht auf Asyl, so wie es 1949 in die
Verfassung kam, bis heute weitgehend belassen” – tatsächlich aber wurde es 1993
rigoros eingeschränkt, sodass es kaum noch eine Rolle spielt; denn wer aus
einem EU-Land oder der Schweiz einreist, hätte bei uns – ginge es allein nach dem Grundgesetz und nicht auch nach europäischem Recht – keinen Anspruch mehr auf
Asyl.

Drittens: Die Unterstellung, das deutsche Asylrecht böte mehr als die
europäischen Regeln, verkennt die Tatsache, dass diese weit mehr gewähren,
nämlich nicht nur Schutz vor Verfolgung durch Staaten, sondern auch durch
nicht staatliche Akteure wie etwa die Taliban; zudem genießen auch Kriegs- und
Bürgerkriegsflüchtlinge Schutz – unser Artikel 16 schließt nach der geltenden
Auslegung derlei “allgemeine Unglücksfolgen” als Asylgrund eindeutig aus.

Hits: 14