/Klimaschutz: Können nicht einfach die Moore das Klima retten?

Klimaschutz: Können nicht einfach die Moore das Klima retten?

Torfstechen hat in Irland eine jahrhundertelange Tradition. Etwa ein Sechstel der Republik ist von Torfmooren bedeckt. In den Dreißigerjahren begannen die Iren, Torf im großen Stil als Energieträger zu nutzen und industriell abzubauen – mit
doppeltem Nutzen: Der Torfabbau schuf Arbeitsplätze und verringerte
zugleich die Abhängigkeit Irlands von Ölimporten. 1964 schließlich wurde mit dem Turf Development Act, der die industrielle Torfnutzung fördern sollte, das halbstaatliche Unternehmen Bord na Móna ins Leben gerufen.

Doch nun soll Schluss sein mit dem Torfabbau. Kürzlich gab der Konzern bekannt: 17 aktive Torfmoore werden geschlossen, 45 weitere sollen innerhalb der kommenden sieben Jahre folgen. Das Ende einer Ära.

Diese Entscheidung, so heißt es, ist allein aus Gründen des Klimaschutzes gefallen. So werde durch das Verbrennen des Torfes Treibhausgase freigesetzt, die die Klimaerwärmung befeuern. Tom Donnellan, der CEO von Bord na Móna, sagte dem Guardian, er habe die Reduzierung von CO2-Emissionen als “größte Herausforderung für diesen Planeten” erkannt.

Tatsächlich sinken die Abbauzahlen des Konzerns seit einigen Jahren: Wurden 2015 noch drei Millionen Tonnen Torf gefördert, sollen es 2020 noch zwei Millionen Tonnen sein, 2025 nur noch halb so viel. Mittlerweile erzeugt Bord na Móna 60 Prozent seines Stroms aus
erneuerbaren Energien. Auch im Unternehmen spricht man gern von einer
neuen Ära.

Dabei liegen auch wirtschaftliche Erwägungen nahe: Vergleicht man Torf mit dem Energieträger Kohle, zeigt sich: Im Torf ist weniger Energie gespeichert, bei der Verbrennung wird aber mehr C02 freigesetzt. Schätzungen zufolge trägt die Torfindustrie zwischen drei
und sechs Millionen Tonnen zum jährlichen Treibhausgasausstoß bei. Aber bedeutet ein Ende des Torfabbaus ein Ende der CO2-Emissionen? Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind skeptisch angesichts solcher Versprechungen. Denn auch
stillgelegte Torfmoore stoßen Kohlenstoffdioxid aus.

Auch abgeerntete Moore setzen CO2 frei

Moore entstehen durch die Ansammlung von verfallendem pflanzlichem
Material – über Jahrtausende hinweg. Durch das Binden von Kohlenstoff im Torf tragen sie zu einer
Regulierung des Klimas bei. Doch das können sie nur, wenn sie als funktionierendes Biotop erhalten bleiben.

Die Wissenschaftlerin Florence Renou-Wilson, die am University College Dublin zu Mooren forscht, sieht den Rückzug von Bord na Móna aus der Torfförderung deshalb allein als profitgetrieben an. Die Moore, in denen über Jahrzehnte und länger Torf gestochen wurde, seien
erschöpft, “fertig und verstaubt”, zitiert der Guardian Renou-Wilson. Dem
Unternehmen sei nicht an einer Renaturierung und Rehabilitierung der
Moore gelegen – was aber eine unverzichtbare Voraussetzung für die CO2-Reduzierung wäre: Aus abgeernteten Mooren entweichen in Irland jährlich etwa 2,6 Millionen Tonnen Treibhausgase. Anders wäre es, würden
die Flächen renaturiert werden: Funktionsfähige Moore können sogar zu
einer Verringerung von CO2 beitragen
. Dafür müssten sie aber bewässert werden.

Hochtrabend, aber bislang wenig effektiv sind die Klimaschutzziele des irischen Regierungschefs Leo Varadkar. Mit einem
Investitionsprogramm in Höhe von 22 Milliarden Euro will er sein Land in
die erste Riege der Klimaschützer einreihen. Von einer
solchen Rolle ist Irland aber weit entfernt: Bezogen auf alle Einwohner beträgt der CO2-Ausstoß pro
Jahr 13 Tonnen pro Kopf, das ist der dritthöchste Wert in der EU.

Zudem soll Irland in den kommenden zwei Jahren die EU-Normen erfüllen und das Emissionslevel
im Vergleich zum Wert von 1990 um 20 Prozent senken, für 2030 ist eine
Reduzierung um 40 Prozentpunkte geplant. Realistisch sind aber auch diese
Ziele nicht: An der ersten Marke wird Irland vermutlich um 16 Millionen
Tonnen vorbeischrammen, zum Zielwert 2040 werden 50 Millionen Tonnen
fehlen. Diese Verstöße könnten die Republik Irland zwischen 230 und 600
Millionen Euro Strafe kosten. Auch aus Plänen der irischen Regierung, die Steuer auf CO2-Emissionen zu erhöhen, ist bislang nichts geworden.

In den Augen von David Boyd, einem UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte, verletzt die irische Klimabilanz sogar Menschenrechte. In einer Gerichtsverhandlung beschuldigte er die irische Regierung, “wissentlich auf einem gefährlichen Niveau zum Klimawandel beizutragen”. Der irische Umweltminister Richard Bruton sagte in der vergangenen Woche, Irland sei “weit ab vom Kurs”. 

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