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Elektrobusse: Wahnsinnig modern

Hamburg nimmt seinen ersten serienmäßig hergestellten Elektrobus in
Betrieb, die Hochbahn spricht von einer “Zeitenwende” und dem “Umstieg auf eine grüne
Busflotte”. Die Opposition dagegen bemängelt sogleich, es handle sich um eine “PR-Show”, weil
in den vergangenen Jahren ja noch 250 Dieselbusse angeschafft worden seien.

Wem soll man da zuerst widersprechen?

Weder ist die Anschaffung eines Elektrobusses eine Zeitenwende, noch handelt es sich um eine PR-Aktion. Von einer grünen Busflotte allerdings ist Hamburg weit entfernt, wenn auch nicht allein durch eigene Schuld. Und mit einigem Recht kann man sagen, dass sich hinter der schönen grünen Nachricht ein Skandal verbirgt.

Um mit dem Skandal zu beginnen: Wie ist es möglich, dass die deutsche Industrie im Jahr 2018 erstmals in der Lage ist, Elektrobusse in Serie zu produzieren? Mangelnde Nachfrage dürfte nicht das Problem sein. Hamburg etwa probiert im Busverkehr seit fünfzehn Jahren praktisch alles aus, was die Industrie an experimentellen Vorserienfahrzeugen herstellt, um die Luft dereinst sauberer und das Klima wenigstens halbwegs im Gleichgewicht zu halten. Das neue Serienfahrzeug mag in Details innovativ sein, der Kern des technischen Konzepts ist aber die Kombination von Akkus und Elektromotoren. Dass die Stadt darauf bis zum Jahr 2018 warten musste, liegt nicht an nahezu unüberwindlichen Schwierigkeiten, sondern daran, dass die Entwicklungszentren der Elektromobilität in Japan, den USA und China liegen. Es hätte deutlich schneller gehen können, wenn die deutsche Autoindustrie diese Innovation nicht verschlafen hätte.

Die Dieselbusse, die Hamburg bis vor Kurzem noch angeschafft hat, sind der Stadt deshalb nicht vorzuwerfen. Wer mehr als 500 Busse täglich einsetzt, kann seinen Fuhrpark nicht nur mit Versuchsfahrzeugen bestücken.

Es hätte allerdings auch einen viel einfacheren Weg gegeben, den Hamburger Nahverkehr zu elektrifizieren: 2010 verabschiedete sich die damalige schwarz-grüne Landesregierung von der Idee einer Straßenbahn, und die ihr folgende SPD-Regierung beerdigte das Vorhaben endgültig. Luftreinhaltung spielte in der öffentlichen Debatte damals keine Rolle, Umweltschutz war unpopulär, die Gegner der Straßenbahn lehnten sie vor allem darum ab, weil die Grünen dafür waren.

Inzwischen stößt der Busverkehr an Wachstumsgrenzen, entlang der ständig überlasteten Linie 5 lässt sich die Zahl der Passagiere kaum noch steigern. Und die einstweilen noch unvermeidlichen Abgase der Hamburger Dieselbusflotte verschärfen das Schadstoffproblem und tragen dazu bei, dass Anwohner stark belasteter Strecken Fahrverbote einklagen können. Beides wäre nicht nötig gewesen. So gesehen hat die Euphorie, mit der die Landesregierung nun den ersten elektrischen Serienbus begrüßt, einen bitteren Beigeschmack. Das Fahrzeug mag innovativ sein, es löst aber vor allem Probleme, die durch die Abschaffung der Straßenbahn in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts erst entstanden sind.

Und die “grüne Busflotte”? Mag sein, dass es sie irgendwann geben wird, die Fahrzeugtechnik
dafür steht nun endlich bereit. Strom allerdings wird in Hamburg zum größten Teil aus Kohle
hergestellt, und solange das so bleibt, kann von grünen Bussen nicht die Rede sein.

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