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Dietrich Murswiek: Der Ratgeber der AfD

Der Staatsrechtler Dietrich Murswiek ist das, was man eine Koryphäe nennt. Er hat nicht nur mehr als zwei Jahrzehnte lang an einem sehr renommierten Lehrstuhl der Universität Freiburg Staatsrecht gelehrt. Murswiek hat außerdem Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht geführt und sich in Publikationen für die Umwelt und gegen den Verfassungsschutz eingesetzt. Der Standfeste – so überschrieb die Süddeutsche Zeitung vor sechs Jahren ein großes Porträt über ihn. Wen immer man fragt, alle loben seinen Intellekt und sein Fachwissen als Jurist. Beides hat er in der Vergangenheit verschiedenen Parteien und Fraktionen zugutekommen lassen: den Grünen, der Linken, der ÖDP. Und in jüngster Zeit immer mal wieder auch der AfD.

Das alles lässt sich als Ausdruck großer Überparteilichkeit lesen: Dietrich Murswiek, nach eigener Aussage von 1972 bis 2015 CDU-Mitglied, stellt seine fachliche Expertise der Linkspartei ebenso zur Verfügung wie dem rechten Flügel der AfD. Von der Süddeutschen Zeitung zu seiner Beziehung zur AfD befragt, hatte Murswiek vor Kurzem gesagt: Er sei kein Mitglied dieser Partei und “stehe ihr auch nicht sonderlich nahe”.

Seine Aktivitäten der vergangenen Jahre und bislang unbekannte Informationen, die ZEIT ONLINE vorliegen, lassen jedoch vermuten, dass er der AfD doch etwas näher steht, als “nicht sonderlich”.

Murswiek hat zuletzt mehrere Gutachten für die Partei verfasst. Im Herbst 2015 lieferte er eine Expertise für die AfD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft. Deren Abgeordnete waren nicht in die Härtefallkommission des Landesparlaments gewählt worden. Murswiek unterstützte die Fraktion anschließend auch bei ihrer Klage dagegen vor Gericht.

Tipps für besorgte Beamte und Staatsdiener

Im vergangenen Monat wurde bekannt, dass er für die AfD-Bundestagsfraktion ein Gutachten verfasst hatte, in dem er analysiert, unter welchen Voraussetzungen der Verfassungsschutz eine Partei wie die AfD beobachten darf. Daraus leitete er Ratschläge für deren öffentliches Auftreten ab und empfahl, bestimmte Äußerungen bei öffentlichen Auftritten besser zu unterlassen.

Ein weiteres Gutachten, das Murswiek der AfD gerade erst lieferte, bewertet, welche Folgen eine solche Beobachtung durch den Verfassungsschutz für deren Mitglieder hätte – und wie sich beispielsweise für Staatsdiener und Soldaten das Risiko verringern ließe, aufgrund der Mitarbeit in der AfD berufliche Nachteile zu erleiden.

Auch mehrere Auftritte zeigen, dass Murswiek keine Bedenken hat, sich im rechten politischen Spektrum zu bewegen: Im Frühjahr 2017 hielt er eine Rede bei einem Extremismuskongress der AfD in Berlin. Drei Jahre zuvor hatte er sich zum Altherrenstammtisch der ultrakonservativen Burschenschaft Saxo-Silesia in Freiburg einladen lassen. Bei Bier und belegten Brötchen referierte er damals über die Eurokrise. Die Burschenschaft dankte auf Facebook anschließend dem Professor Murswiek und dem Alten Herren und AfD-Hardliner Dubravko Mandic.

War all das Ausdruck seiner unerschrockenen Überparteilichkeit? Oder war auch politische Sympathie im Spiel? ZEIT ONLINE liegen Belege vor, die zeigen, dass der Professor der AfD auch persönlich helfen wollte. Demnach überwies Murswiek der Partei zweimal jeweils 1.000 Euro als Parteispende: im April 2013 und im Dezember 2015.

“Gründe, der AfD eine Spende zu geben, hätte ich gehabt”

Beim ersten Mal führte noch Bernd Lucke die damals junge Partei. Es war die Zeit, in der die AfD vor allem als Kritikerin der EU in Erscheinung trat und in der sie Geld sammelte, um bei der Bundestagswahl antreten zu können. Da sie keinen Anspruch auf staatliche Finanzierung hatte, musste sie ihren Wahlkampf mit Spenden bestreiten. Spenden wie jener von Murswiek.

Im Dezember 2015 brauchte die AfD wieder Geld und Murswiek half abermals. Zu dieser Zeit führten bereits Frauke Petry und Jörg Meuthen die Partei. Die AfD hatte finanzielle Probleme, da der Bundestag beschlossen hatte, die Parteienfinanzierung zu ändern. Der Spendenaufruf soll ihr daraufhin drei Millionen eingebracht haben, 1.000 Euro kamen von Murswiek.

Danach von ZEIT ONLINE befragt, nimmt der Jurist zu den Spenden selbst keine Stellung. Er schreibt lediglich per Mail, wer für einen Zweck spende, den er für sinnvoll halte, müsse der Organisation, an die er spende, nicht nahestehen. Außerdem argumentiert er: “Gründe, der AfD in den Jahren 2013 und 2015 eine Spende zu geben, hätte ich gehabt.” Denn vor Gründung der AfD habe es keine Partei gegeben, die wählen konnte, wer die “angeblich alternativlose ‘Euro-Rettungspolitik’ ablehnte”. “Und es gab 2015 nach der Entscheidung Merkels, Hunderttausende unkontrolliert einreisen zu lassen, außer der AfD keine Partei, die man wählen konnte, um seinen Protest gegen diese Politik auszudrücken.”

Einen früheren Weggefährten von Murswiek aus der Freiburger Studentenschaft, der heute selbst in der Politik tätig ist und daher nicht namentlich genannt werden möchte, wundern die Aktivitäten des Professors. Er fürchtet, dass sich dort “ein Kreis schließen” könnte, wie er sagt.

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