/Häusliche Gewalt: Der blinde Fleck von MeToo

Häusliche Gewalt: Der blinde Fleck von MeToo

Man kann nicht behaupten, dass im vergangenen Jahr wenig über Gewalt gegen Frauen gesprochen und geschrieben wurde – und die MeToo-Debatte trägt einen wesentlichen Anteil daran. Da sind die Männer, die entlassen wurden, weil herauskam, dass sie Kolleginnen (selten auch Kollegen) genötigt, vergewaltigt oder verletzt hatten. Da sind die Firmen, die Anlaufstellen gegen Belästigung am Arbeitsplatz einrichten. Da sind die Männer, die sich teils selbstkritisch, teils trotzig fragen, welche Grenzen sie beim Flirten überschreiten.

Doch da sind auch die Männer, die ihre Freundin krankenhausreif prügeln, über Jahre immer wieder. Die ihrer Ex-Frau auflauern, sie erstechen, sie mit Säure übergießen, erwürgen. Über diese Männer wurde im vergangenen Jahr wenig gesprochen. Viel zu wenig. 

In dieser Woche ist das anders: An diesem Dienstag hat Familienministerin Franziska Giffey die aktuelle Statistik zur Partnerschaftsgewalt vorgestellt. Demnach wurden 138.893 Menschen 2017 Opfer von Gewalt durch ihre früheren oder aktuellen Partner. Der Großteil davon waren Frauen. Giffey sagte, es sei davon auszugehen, dass nur 20 Prozent der Betroffenen Hilfe suchten. Die Dunkelziffer sei enorm.

Die Statistik zeigt: Eine Beziehung ist für Frauen ein extrem gefährlicher Ort. 147 Frauen wurden 2017 von ihrem (Ex-)Partner getötet. 86.544-mal wurden Frauen Opfer einfacher Körperverletzung, 11.788-mal Opfer schwerer Körperverletzung durch den Partner.

Die Statistik erfasst Mord, Körperverletzung und Vergewaltigung ebenso
wie psychische Gewalt wie Bedrohung und Stalking. Die Zahlen stammen aus der Polizeilichen
Kriminalstatistik und enthalten jene Fälle, in denen diese Taten in
einer Ehe, einer eingetragenen Lebenspartnerschaft oder einer Beziehung
verübt werden – oder gegen die Ex-Partnerin. Weil im diesjährigen
Bericht erstmals auch Nötigung, Freiheitsberaubung und
Zwangsprostitution in Partnerschaften mitgezählt wurden, zeigt sich zum
Vorjahr eine deutliche Steigerung. Ohne die neuen Deliktarten
gibt es einen leichten Rückgang zum Vorjahr um 0,8 Prozent.

Bildung schützt nicht

Aus einer Studie des Bundesfamilienministeriums von 2009 geht hervor, dass Partnerschaftsgewalt keine Frage der sozialen Schicht oder Bildung ist. Jüngere Frauen sind demnach zwar stärker von Partnerschaftsgewalt betroffen, wenn sie keinen Schul- oder Berufsabschluss haben. Ältere Frauen aber werden häufiger Opfer, wenn sie höher gebildet sind.

Und auch die Bildung der Partner schützt die Frauen nicht: Zwar übten Männer ohne Bildungsabschluss überproportional häufig schwere Gewalt aus. Doch hatten laut der Studie 50 Prozent der Täter niedrige bis mittlere Abschlüsse und 37 Prozent hohe Bildungsabschlüsse. Besonders häufig von Gewalt betroffen waren Partnerinnen, die ebenfalls gebildet waren, heißt es dort: “Männer mit höherer Bildung übten vor allem dann häufiger schwere Gewalt aus, wenn die Partnerin ihnen hinsichtlich der Bildung gleichwertig oder überlegen und nicht unterlegen war.” Die eigene Bildung wird so zum Risikofaktor für die Frau.

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