/Wohnraumoffensive: Steuererleichterungen für Luxuswohnungen

Wohnraumoffensive: Steuererleichterungen für Luxuswohnungen

Die große Koalition will die Wohnungskrise lösen und mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen. Am Montag diskutiert der Finanzausschuss des Bundestags über Sonderabschreibungen für Investoren, um mehr Mietraum zu schaffen. Aber löst die Idee das Problem? Claus Michelsen, Konjunkturchef und Immobilienexperte am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, ist skeptisch.  

Die
Bundesregierung hat eine die Wohnraumoffensive angekündigt und in der laufenden
Legislaturperiode den Bau von insgesamt 1,5 Millionen Wohnungen versprochen.
Neben zusätzlichen Millionen für den sozialen Wohnungsbau und dem bereits
eingeführten Baukindergeld sollen Sonderabschreibungen für mehr Mietwohnungsbau
sorgen. Diese haben ihre Wirksamkeit in der Vergangenheit bereits mehrfach
unter Beweis gestellt: Schließlich wird den deutschen Investorinnen und
Investoren ein besonders ausgeprägter Steuerspartrieb nachgesagt. Allerdings
hat dieses Instrument auch schon den ein oder anderen Flurschaden hinterlassen: Die vielen westdeutschen
Glücksritter, die in den Neunzigerjahren ihr Geld im ostdeutschen Immobilienmarkt
versenkt haben, können ein Lied davon singen.

Der Finanzausschuss hat an diesem Montag über genau ein solches Vorhaben diskutiert.
Ziel ist es einerseits mehr Wohnungen zu bauen, andererseits Wohnraum im
“bezahlbaren” Segment
zu schaffen – was genau das ist, bleibt allerdings unklar. Klar ist bislang nur: Die Bau- beziehungsweise Anschaffungskosten dürfen die Grenze von 3.000
Euro je Quadratmeter nicht
überschreiten (die Kosten für das Bauland sind herausgerechnet). Diese Kosten können dann in den ersten vier Jahren zu 28 Prozent
im Rahmen der Einkommensteuererklärung abgeschrieben werden. Das gilt für
Vorhaben in München, Düsseldorf oder Berlin ebenso wie in Stendal, Vechta und
Bad Saulgau. 

So weit,
so gut. Aber ob diese Vorschläge tatsächlich das Neubauvolumen dort fördern, wo
es nötig ist, und zusätzlicher Wohnraum im erforderlichen Preissegment
geschaffen wird, darf bezweifelt werden. Stattdessen könnten die Maßnahmen zu weiter steigenden Bau- und Immobilienpreisen sowie räumlichen
Fehllenkungen führen. Einige dieser Aspekte können mit Änderungen im Entwurf geheilt
werden. Anderen kann nur dann begegnet werden, wenn zusätzliche Maßnahmen
getroffen werden: Es braucht mehr Bauland und die kommunalen
Planungskapazitäten in den Bauämtern müssen wieder aufgebaut werden.   

Gefahr von Mitnahmeeffekten

Grundsätzlich
sind Investitionsanreize dann sinnvoll, wenn eine allgemeine
Investitionszurückhaltung besteht, Investitionen aber dringend benötigt werden.
Zwar mangelt es gerade in Städten an Wohnraum, allerdings fehlen dort weder
Investoren noch notwendiges Kapital für die Finanzierung. Allein deshalb sind
hohe Mitnahmeeffekte bei einer weit gefassten steuerlichen Förderung
wahrscheinlich.   

Aber die Förderung wird auch in Regionen gewährt, in denen offensichtlich kein Wohnungsmangel besteht
und die weitab der Zentren liegen, die sie möglicherweise durch Neubau in der
Peripherie entlasten könnten. Und genau dort entfaltet die Förderung ihren
größten Anreiz: Wo die Bodenpreise nicht
ins Gewicht fallen, ist die Förderrendite insgesamt höher: Der Anreiz ist groß, mehr in die abschreibungsfähigen Kosten der Gebäude zu investieren.
Es werden also voraussichtlich nicht Wohnungen im unteren Preissegment entstehen, sondern eher teurere Wohnungen errichtet
werden.

Das könnte in der derzeitigen konjunkturellen Lage kontraproduktiv sein, wenn sich dadurch Bauleistungen weiter verteuern. Und auch
die Knappheit beim Bauland lässt erwarten, dass eine zusätzliche Nachfrage
zumindest in den Ballungszentren den bereits jetzt kräftigen Preisauftrieb
weiter befeuert.

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