/Soziale Gerechtigkeit: Grundeinkommen frisst Hartz IV

Soziale Gerechtigkeit: Grundeinkommen frisst Hartz IV

Keine andere Sozialleistung ist so umstritten wie das Arbeitslosengeld II, im Volksmund auch Hartz IV genannt. 13 Jahre nach seiner Einführung beschäftigt es nicht nur deutsche Sozialgerichte, sondern auch die Parteien. Sowohl die Grünen als auch die SPD wollen die unbeliebte Grundsicherung hinter sich lassen. Aber auch FDP und Linkspartei fordern schon lange, Hartz IV abzuschaffen oder grundlegend zu reformieren. Doch was kommt stattdessen? Das Konzept des Grundeinkommens wird seit einigen Jahren intensiv diskutiert, zunehmend selbst unter etablierten Volkswirten. Und es ist populär in der Bevölkerung. Zwar traut sich bisher nicht einmal die Linke, das Grundeinkommen für alle zu fordern. Aber einzelne Ideen des Konzepts fließen in die Entwürfe mehrere Parteien ein.

Bei den Grünen hat deren Vorsitzender Robert Habeck in dieser Woche ein recht detailliertes Papier vorgelegt, mit dem er – wie er schreibt – Hartz IV “hinter sich lassen” will. Habeck schlägt vor, das bisherige ALG II zu einer Garantiesicherung zu machen. Der wichtigste Unterschied zu heute: Es soll keine Sanktionen und keine Verpflichtung zur Arbeitssuche mehr geben. Statt dessen sollen Anreize und Belohnungen dafür sorgen, dass Menschen sich qualifizieren und Arbeit aufnehmen.

Zwar sollen auch künftig nur Menschen die Grundsicherung bekommen, die bedürftig sind, die also kein Einkommen haben, oder keines, das ihre Existenz sichert. Doch weil niemand gezwungen wird, sich um Arbeit zu bemühen, käme dies einem Grundeinkommen für alle gleich, die entweder keine Arbeit haben oder nicht arbeiten wollen. Die Garantiesicherung sei “bedingungslos, aber bedarfsgerecht”, schreibt Habeck. Das Schonvermögen will Habeck auf 100.000 Euro Vermögen anheben. Erst jenseits dieser Grenze müsste man eigenes Geld zur Finanzierung des Lebensunterhalts einsetzen, bevor man die Garantiesicherung bekommt. Bisher beträgt dieser Satz maximal 61.050 Euro.

Die von Habeck geplante Garantiesicherung soll zudem höher ausfallen als das bisherige Arbeitslosengeld II. Außerdem will Habeck die Zuverdienstmöglichkeiten verbessern. Statt maximal 20 Cent wie bisher soll man künftig von jedem zuverdienten Euro 30 Cent behalten dürfen.

Habecks Vorschlag würde das bisherige System verändern, vor allem weil es keine Pflicht zur Arbeitssuche mehr gäbe. Habeck nennt das ein Ende der “Gängelung”. Allerdings wäre es auch wieder nicht so viel anders als heute, denn nach wie vor würden Arbeitslose nach einem Jahr Arbeitslosengeldbezug in die dann Garantiesicherung genannte, niedrigere Grundsicherung rutschen. Der soziale Abstieg könnte also immer noch sehr schnell gehen, auch wenn man – wegen der Zuverdienstmöglichkeiten und der erhöhten Sätze – womöglich nicht ganz so tief fallen würde wie derzeit. Die Linken kritisieren an Habecks Modell, dass das Schonvermögen viel zu hoch sei. Das würde auch Reichen erlauben, es sich mit der staatlichen Garantiesicherung bequem zu machen.

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