Hannah Arendts erstmals veröffentlichte Studien zu Karl Marx haben eine gespenstische Aktualität.
29. Dezember 2018, 16:05 UhrEditiert am 29. Dezember 2018, 16:05 Uhr
In Aufzeichnungen aus dem Jahr 1952 vergleicht Hannah Arendt die Tyrannei
mit einer Wüste. Der politische Raum verschwinde. Die Gleichheit der Menschen sei nicht mehr
Gleichheit vor dem Gesetz, sondern nur noch die Gleichheit der Fähigkeit zu töten. Ein “Exzess
der Demokratie”, wie sie es nennt, führe dazu, dass jede Auszeichnung Einzelner oder von
Gruppen, jede Vortrefflichkeit als Ungerechtigkeit bewertet werde. Das stehe am Anfang der
Tyrannei. Kreatives Handeln und Wahrhaftigkeit seien nicht mehr Inspirationsquellen für
gemeinsame politische Ziele, sondern stellten eine potenzielle Bedrohung der Gleichheit dar.
Deshalb höre in der Tyrannei gemeinsames Handeln der Menschen auf. Sie verfolgten keine
kollektiven Ziele mehr. An die Stelle der Entwicklung gemeinsamer Interessen träten
Vereinzelung, die Furcht voreinander und vor dem Herrscher. Misstrauen bestimme das Verhältnis
zwischen den Regierten und dem Tyrannen. Am Ende gehe es nur noch um Überleben und
Machterhalt.
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