Auf den indonesischen Inseln Sumatra und Java sind mindestens 429
Menschen durch einen Tsunami getötet worden. Mehr als 1.485 Menschen
wurden verletzt, sagten Vertreter des indonesischen Katastrophenschutzes am Dienstag. Weitere 154 Menschen galten als vermisst. Die Zahl der Toten, Verletzten und Vermissten steigt seit Tagen. Der Tsunami war am Samstagabend gegen 21:30 Uhr auf das Festland getroffen.
Laut der indonesischen Agentur für Meteorologie, Klimatologie und
Geophysik (BMKG) hat eine Eruption des in der Sundastraße liegenden
und rund 50 Kilometer von der Küste entfernten Vulkans Anak Krakatau
den Tsunami indirekt ausgelöst. Demnach kam es zu einer
Kettenreaktion, an deren Anfang eine vulkanische Erschütterung
stand, die einem Erdbeben der Stärke 3,4 gleichkam. Auf diese folgte
dann ein Unterwasser-Erdrutsch. Die Eruption ereignete sich der
Agentur zufolge am Samstagabend um 21.03 Uhr Ortszeit (15.03 Uhr
MEZ), 24 Minuten später sei der Tsunami auf Land getroffen. Die
Flutwelle kam ohne Vorwarnung und traf auf Urlaubsresorts, die wegen
der Nähe zur indonesischen Hauptstadt Jakarta bei Einheimischen
beliebt sind und kurz vor dem Jahreswechsel gut besucht waren.
Frühwarnsystem funktionierte nicht
Das Frühwarnsystem habe nicht gegriffen, weil es nur auf Erdbeben
– und nicht auf Unterwasser-Erdrutsche oder Vulkanausbrüche –
ausgerichtet sei, twitterte Katastrophenschutz-Sprecher Sutopo Nugroho. Die BMKG warnte die Menschen in der Küstenregion vor
möglichen weiteren Gefahren in den kommenden Tagen, da der Anak
Krakatau weiterhin ausbreche.
Laut einer Sprecherin der Internationalen Föderation der
Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften (IFRC) habe es eine Warnung
gegeben, aber lediglich vor hoher Flut und nicht vor einem Tsunami.
Sie sprach von Tsunami-Wellen mit einer Höhe von 30 bis 90
Zentimetern, die verstärkt durch die hohe Flut im Zuge des
Vollmondes auf die Küsten getroffen seien. “Das klingt nicht nach
viel (…), doch wir wissen, dass selbst knöchelhohes Wasser einen
Erwachsenen umhauen kann”, sagte die Sprecherin.
Die Welle des Tsunamis war vergleichsweise niedrig und gelangte
nicht weit ins Landesinnere, hatte aber dennoch zerstörerische
Kraft. Mehr als 600 Wohnhäuser, viele Hotels und Verkaufsstände
sowie mehr als 400 Boote und Schiffe seien beschädigt worden, sagte
Katastrophenschutzsprecher Nugroho. Die Bergung der Toten und die
Versorgung von Verletzten dauert an.
Indonesiens Präsident Widodo besucht Katastrophengebiet
Nachdem zunächst noch von 300 Toten die Rede war, stieg ihre Zahl,
während die Retter die vom Tsunami betroffenen
Küstengebiete absuchten. “Einige der Gebiete waren schwierig zu
erreichen”, sagte Sprecher Nugroho am Montag. Dank des Einsatzes von schwerem
Bergegerät seien diese inzwischen zugänglich.
Indonesien schickte für die Suche nach weiteren Opfern und
Überlebenden Tausende Soldaten und Polizisten in die
Katastrophengebiete. Auch Freiwillige von Organisationen wie dem
Roten Kreuz und Ärzte ohne Grenzen halfen bei der Versorgung der
Menschen in den besonders betroffenen Provinzen Lampung im Süden
Sumatras und Banten auf Westjava.
Präsident Joko Widodo traf am Montag per Hubschrauber im Katastrophengebiet
ein. Er lobte die Arbeit von Militär und Polizei bei der Evakuierung
der ufernahen Gebiete und erklärte, er habe das Sozialministerium zu
raschen Entschädigungszahlungen an die Familien Getöteter
angewiesen. Widodo, der im kommenden Jahr vor einem schwierigen
Wahlkampf steht, reagierte auf die mangelnde Vorwarnung mit der
Ankündigung, dass alle dafür nötigen Geräte ersetzt oder
repariert würden. Sprecher Nugroho räumte ein, dass das Netz von
Frühwarnbojen wegen Vandalismus oder aus Geldmangel seit 2012 nicht
mehr funktionsfähig gewesen sei.
Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin hieß es, dass nach bisherigen
Erkenntnissen keine deutschen Staatsbürger unter den Opfern seien.
Indonesien wird immer wieder von
katastrophalen Tsunami-Flutwellen heimgesucht. Diese entstehen in der
Regel durch Erdbeben unter dem Meeresboden. Dass sie durch
Vulkanausbrüche und Erdrutsche ausgelöst werden, ist eher selten.
Bei
einem schweren Beben und einem anschließenden Tsunami kamen erst Ende
September auf der indonesischen Insel Sulawesi mehr als 2.000 Menschen
ums Leben. Besonders verheerend war der Tsunami an Weihnachten 2004:
Damals starben in den Anrainerstaaten um den Indischen Ozean rund
220.000 Menschen, allein 168.000 davon in Indonesien. Ausgelöst worden war diese Katastrophe durch ein Seebeben der Stärke 9,1.
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