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Folgen des Klimawandels: Wo Leben verschwindet

Der Dokumentarfilmer und ehemalige ARD-Korrespondent Thomas Aders
hat mit seinem Team die Weltklimakonferenz 2017 in Bonn besucht, in der
Folge führte ihn seine Recherche für den deutsch-französischen Sender Arte in die Sahelzone, nach Indonesien und Russland. Der 60-minütige
Film “Klimafluch und Klimaflucht” wurde soeben bei der Klimakonferenz im polnischen Katowice gezeigt. In der Arte-Mediathek ist er bis zum 11. Februar zu sehen.

Isa Ngolda legt Wert darauf, dass ihr Vorname nicht mit weichem, sondern
mit scharfem s ausgesprochen wird. Wir sind glücklich über diese
Korrektur, so wie wir glücklich sind über jedes Anzeichen von
Selbstbehauptung und Lebensmut. Denn die Menschen hier in einem der
ungezählten Flüchtlingscamps im Norden Kameruns an der Grenze zu Nigeria
haben davon meist zu wenig.

Gemeinsam mit ihrem Mann und den vier Kindern lebt Isa Ngolda in einem
Plastikplanenverschlag nahe der Stadt Maroua im Norden des Landes. Hier
reiht sich Hütte an Hütte, Schatten ist Mangelware. Isa Ngolda trägt
ihr jüngstes Kind auf dem Schoß, während sie von der Flucht der Familie
aus Nigeria erzählt. Es sei eines Tages einfach zu viel geworden, sagt
Ngolda. Da sei zum einen die ständige Bedrohung durch die Terrormiliz
Boko Haram gewesen, zum anderen das unbarmherzige Wetter: immer höhere
Temperaturen, immer weniger Regen. Das kleine Feld der Familie, auf dem
sie Hirse und Zwiebeln anbauten, sei von Jahr zu Jahr mehr verdorrt.
Irgendwann schien ihnen nur noch eine Ausflucht möglich: die Heimat
verlassen und gen Süden ziehen.

Folgen des Klimawandels: Die Familie Ngolda

Die Familie Ngolda

Das Schicksal dieser Familie deckt sich mit gleich zwei Analysen, die jüngst von Migrationsexperten veröffentlicht wurden. Zum einen, dass das sich verändernde Klima für Menschen praktisch nie der alleinige Grund ist, ihre Heimat zu verlassen. Fast immer kommt Verarmung dazu, Krankheit, Arbeitslosigkeit, Unterdrückung oder eben Terrorismus. Und zum anderen, dass die Fluchtrouten eben nicht immer nur Richtung Norden gehen, sondern dorthin, wo das Leben ein wenig besser scheint, wo eine Familie überleben kann, wo mehr Regen fällt. Von der Sahelzone aus betrachtet führt der Weg dieser Klimaflüchtlinge in Richtung Äquator, wo es deutlich häufiger Niederschläge gibt.

Der Tschadsee und die umliegenden Länder

Bei ihrer Flucht haben die 41-jährige Isa und ihr 60-jähriger Ehemann Matapa eine überlebenswichtige Entscheidung getroffen. Hier im Camp gibt es ausreichend Trinkwasser und jeden Monat einen Sack voll Mehl und Öl, Salz sowie Milchpulver für die Kleinen.

Dennoch bleibt die Frage, was nun werden soll. Matapa schaut stumm vor sich hin, sein Körper wirkt kraftlos. Langfristig ist es hier in der Umgebung der Provinzstadt Maroua nicht viel besser als in der Heimat. Die Familie will nicht vor sich hin vegetieren, ohne Perspektive, bei 45 Grad im Schatten und mehr als 60 Grad in der unbarmherzigen Sonne. “Wenn wir etwas anbauen wollen, reicht das Wasser nicht”, sagt Isa Ngolda und schüttelt den Kopf. “Die Leute gehen weg in den Süden, um dort etwas anbauen zu können und um Essen zu suchen.”

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