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Brexit-Vertrag: Warum über den Backstop so gestritten wird

Keine Kontrollen, keine Schlagbäume: Der Backstop, eine Sonderklausel im Austrittsvertrag zum Brexit, soll das weiterhin friedliche Zusammenleben in der ehemaligen Bürgerkriegsregion zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland garantieren. Doch am Backstop droht die Zustimmung im britischen Parlament zu scheitern. Wegen ihm hat die britische Premierministerin Theresa May die Unterstützung der nordirischen Partei DUP verloren. Wegen ihm musste May am Mittwoch ein Misstrauensvotum überstehen. Warum ist dieser Backstop so wichtig? Was bedeutet er? 

Der Backstop betrifft die politisch brisante Grenze zwischen
der Republik Irland und der britischen Provinz Nordirland. Es handelt sich um
eine Notlösung, auf die sich die EU und Großbritannien im Austrittsvertrag
geeinigt haben
, damit auch in Zukunft garantiert ist, dass diese Grenze
offen bleibt, eine “grüne” Grenze bleibt. Nur so erfüllen beide Seiten die
Vorgaben des Friedensvertrags vom 10. April 1998, der festgelegt, dass die
Grenze das Zusammenleben der Iren durch keinerlei Grenzkontrollen behindern
darf.

Solange Großbritannien – und damit Nordirland – Mitglied der
EU war, stellte sich das Problem auch nicht. Das ändert sich jedoch mit dem
Austritt Großbritanniens aus der EU-Zollunion und dem Binnenmarkt, denn im
gleichen Moment ist die Linie zwischen der Republik Irland und Nordirland
schlagartig Außengrenze der EU. Damit sind automatisch Zollkontrollen und Herkunfts-
und Qualitätskontrollen von Produkten und Veterinärprüfungen von Vieh fällig.

Was tun? Das Problem der Grenze wird gelöst, sobald sich
Großbritannien und die EU auf ein dauerhaftes Freihandelsabkommen geeinigt
haben. Das aber kann Jahre dauern. Großbritannien und die EU haben zwar eine
zweijährige Übergangsfrist nach dem Brexit im März 2019 vereinbart. Diese
Übergangsfrist kann sogar einmal verlängert werden. Was aber, wenn die
Verhandlungen länger dauern oder sich beide Seiten nicht einigen können?

Für diesen Fall hat Brüssel gegenüber den Briten
durchgesetzt, dass der sogenannte Backstop zum Zuge kommt. Diese Notlösung für
die Grenze besagt, dass Großbritannien mit der EU eine Zollunion bilden wird,
sodass an der irischen Grenze auf Zollkontrollen verzichtet werden kann.
Gleichzeitig soll Nordirland im Güterverkehr quasi im EU-Binnenmarkt bleiben,
um Grenzkontrollen mit Blick auf den Güterverkehr und Veterinärkontrollen
überflüssig zu machen.

Mit dem Backstop wird für die Nordiren das Problem allerdings
nur verlagert. Im gleichen Moment wird nämlich die See zwischen Nordirland und
dem “Festland” Großbritannien zu einer imaginären Grenze des EU-Binnenmarktes und werden Qualitätskontrollen in den Häfen fällig. Englisches Schlachtvieh, das
zum Beispiel von England nach Nordirland gebracht wird, muss dann in den
nordirischen Häfen kontrolliert werden. Diese Einigung stößt im britischen Parlament auf Widerstand.

Die nordirische Partei DUP akzeptiert nicht, dass Nordirland
im Falle des Backstop anders behandelt wird als der Rest Großbritanniens.
Für die DUP darf das Vereinigte Königreich nicht gespalten werden, auch nicht
durch abweichende Qualitätsvorschriften. Daher das kategorische Nein der DUP
zum Backstop im Austrittsvertrag.

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