Zwei Männer, die sich Tolga und Ali nennen, haben einem internationalen Recherchebund berichtet, wie sie vom türkischen Geheimdienst MIT festgehalten, verhört und gefoltert wurden. Wie unter anderem das ZDF-Magazin Frontal 21, die französische Zeitung Le Monde, die spanische Zeitung El País und die österreichische Rechercheplattform addendum berichten, haben die beiden mutmaßlichen Opfer ausgesagt, der MIT habe es auf Anhänger der Gülen-Bewegung abgesehen.
Sie selbst seien demnach wochenlang in geheimen Gefängnissen festgehalten, verhört und gefoltert worden. Man habe versucht, sie dazu zu zwingen, gegen andere Gülen-Anhänger auszusagen.
Die als Tolga und Ali bezeichneten Männer gaben an, auf offener
Straße von Männern in dunkle Transporter gezerrt worden zu sein. Mit
einem Sack über dem Kopf seien sie an einen unbekannten Ort gebracht
worden, wo sie über Wochen immer wieder geschlagen, bedroht und
gedemütigt worden seien. Ihnen seien Fotos gezeigt worden von anderen
mutmaßlichen Gülen-Anhängern, um sie in Prozessen zu Aussagen gegen sie zu bewegen.
In ihren Zellen seien sie ständig überwacht und mit lauter Musik beschallt worden, berichteten die Männer bei der Recherche unter Leitung des Rechercheverbunds Correctiv.
Er habe gefesselt, mit einem Sack über dem Kopf nur in Unterwäsche
stundenlang stehen müssen, sagte Ali. “Nach einiger Zeit hält man das
nicht mehr aus, man ist durstig, müde. Wenn man nicht mehr kann, fällt
man auf den Boden und dann gab es Faustschläge und Tritte.”
Menschenrechtsorganisationen
wie Human Rights Watch (HRW) haben schon früher Fälle von Entführungen
dokumentiert. Dabei wurden die Opfer auf offener Straße in dunkle
Transporter gezerrt und in geheime Haftanstalten gebracht, die
mutmaßlich vom türkischen Geheimdienst betrieben werden. “Wir müssen
davon ausgehen, dass das systematisch ist”, sagte der HRW-Direktor für
Deutschland, Wenzel Michalski, Frontal 21.
Auch Amnesty International hatte nach dem gescheiterten Putschversuch im Juli
2016 berichtet, dass festgenommene Verdächtige misshandelt und gefoltert wurden.
Fragwürdige Prozesse mit geheimen Zeugen
Lange war die Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen mit der islamisch-konservativen Partei für Entwicklung und Gerechtigkeit
(AKP) von Präsident Recep Tayyip Erdoğan verbündet, bevor sich Gülen und Erdoğan 2013 im Kampf um Posten und Macht überwarfen. Heute wirft Erdoğan der religiösen Bruderschaft vor, die staatlichen Institutionen
unterwandert und versucht zu haben, ihn bei dem Militärputsch zu stürzen.
Seit diesem versuchten Staatsstreich wurden in der Türkei zehntausende
mutmaßliche Anhänger der als Terrororganisation verbotenen Bewegung
inhaftiert und aus dem Staatsdienst entlassen. Kritiker werfen der
Regierung vor, nicht nur jene zu verfolgen, die sich tatsächlich an dem Putsch beteiligt haben, sondern auch zahlreiche Unschuldige.
Insbesondere
wird kritisiert, dass bei den Prozessen oft geheime Zeugen auftreten.
Auch die beiden Männer, die sich Ali und Tolga nennen, erklärten sich laut der Recherche von Frontal
21 nach wochenlangen Verhören bereit, als geheime Zeugen gegen andere
mutmaßliche Gülen-Anhänger auszusagen. Daraufhin seien sie freigelassen worden,
hätten jedoch ins Ausland fliehen können, wo sie heute leben.
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