Wenn Christian und Anna-Katharina Reisinger über Geld diskutieren,
dann ist das nicht immer entspannt. Vor allem dann nicht, wenn Christian,
38 und Unternehmensberater, sich etwas gekauft hat, wovon Anna-Katharina, 38
und Musikwissenschaftlerin, gerne vorher erfahren hätte. So wie die gebrauchte
Leica M9, die Christian kurzerhand auf eBay erstanden hat, gut erhalten, klein,
leicht, ein Hingucker – und nicht billig. Du hättest doch versucht, mir den
Kauf auszureden, sagt Christian. 2.000 Euro für einen Fotoapparat sind halt
nicht wenig, sagt Anna-Katharina. Ich musste sie einfach haben, sagt Christian.
Wir sind etwas knapp bei Kasse gerade, sagt Anna-Katharina. Aber ich kann sie doch
jederzeit ohne Verluste wieder verkaufen, sagt Christian. Und Anna-Katharina: So
wie die M8, die du längst wieder online anbieten wolltest?
Die Ehe lässt offenbar das Ersparte schmelzen
Kleiner Trost für die Reisingers, ein Paar mit drei Kindern
aus Berlin: Viele Paare streiten über Geld – und manche deutlich heftiger.
Einer repräsentativen Forsa-Umfrage aus diesem Jahr zufolge hat sich jedes
dritte Paar schon einmal über Ausgaben in die Haare bekommen, die aus Sicht des
einen Partners unnötig waren. Und eine etwas ältere Umfrage Allensbach-Studie
hat ergeben, dass Geldfragen zu den häufigsten Konfliktauslösern in Beziehungen
gehören – viel mehr als die Fragen, wer seine Karrierewünsche hintanstellt
oder wie gut sich Privatleben und Beruf miteinander vertragen.
Paare, so ist das nun mal, müssen sich irgendwie darauf
einigen, wie und wofür sie ihr Geld ausgeben. Wenn Partner ihre Einkommen
zusammenlegen, nennen Forscher das Einkommenspooling. Etwa drei Viertel der
Paare in Deutschland machen das. 15 Prozent verwalten ihr Geld hingegen
unabhängig voneinander und neun Prozent teils getrennt und teils gemeinsam.
Eheleute poolen ihre Einkommen häufiger als unverheiratete Paare. Das hat eine
Studie der Sozialwissenschaftlerin Yvonne Lott gezeigt, die für die
Hans-Böckler-Stiftung arbeitet. Lott hat für die Studie Daten des Sozio-oekonomischen
Panels ausgewertet, eine langfristige Haushaltsbefragung. Die Ehe, so scheint
es, lässt oft auch die Ersparnisse verschmelzen.
Allerdings verrät das wenig darüber, wie Paare entscheiden,
wofür sie Geld ausgeben. Wer darf sich ein teures Hobby leisten? Ist es
gerecht, wenn derjenige, der mehr verdient, auch mehr für sich ausgibt? Und was
ist, wenn Menschen mit sehr unterschiedlichen Vorstellungen vom Geldausgeben
zusammenleben?
Nehmen wir die Reisingers. Anna-Katharina war immer sparsam, schaut
nach Sonderangeboten, vergleicht Preise – Christian hingegen kauft gerne
mal im Feinkostgeschäft. Wenn ein Ausflug mit den drei Kindern ansteht,
schmiert Anna-Katharina gern Brote für unterwegs und schnibbelt Obst
– Christian sucht lieber ein Restaurant raus. “Aber wir haben uns mit der
Zeit angenähert”, sagt Anna-Katharina. Sie sei heute spendabler als früher und
Christian kann auch mal aufs Essengehen verzichten.
Aber am Anfang ihrer Beziehung haben sie erst mal jede
gemeinsame Ausgabe in einer Excel-Tabelle notiert. Das machen viele Paare so. Man
weiß ja nicht, wie lange die Liebe hält. Bei den Reisingers kam dazu, dass
Christian eine Zeit lang mehr für beide bezahlte. Anna-Katharina war es wichtig,
dass sie festhalten, wie viel sie ihm schuldet. Ihre Beziehung wurde stabiler
und stabiler – und die Geldprotokolle inkonsequenter, die Tabelle geriet in Vergessenheit.
Mittlerweile sind sie 18 Jahre zusammen. Abgerechnet haben sie nie.
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