/Frankreich: Regierung setzt Erhöhung der Spritpreise aus

Frankreich: Regierung setzt Erhöhung der Spritpreise aus

Frankreichs
Regierung hat die geplante Anhebung der Ökosteuer auf Benzin und
Diesel für das gesamte kommende Jahr ausgesetzt. Dies kündigte
Umweltminister François de Rugy im Fernsehsender BFM TV an und
bestätigte damit entsprechende Medienberichte. Damit reagiert die
Regierung auf die bereits seit Wochen anhaltenden, zum Teil
gewaltsamen Proteste der sogenannten Gelbwesten.

Regierungschef
Édouard Philippe begründete das
Einlenken der Regierung mit vier Todesfällen während
der Proteste und den massiven Ausschreitungen in der Hauptstadt Paris
am
Wochenende, bei denen zudem gut 260 Menschen verletzt worden waren.
Philippe sagte im Parlament, die Steuer sei aus dem Haushalt
für 2019 gestrichen und die Regierung sei zum Dialog bereit. Der
Haushalt kann im Jahresverlauf angepasst oder nachverhandelt werden.

Hohe
Treibstoffpreise sowie
eine Erhöhung der Spritsteuer waren
ein Auslöser der Proteste, die das Land seit Mitte November
erschüttern. Die Regierung war bereits am Dienstag einen Schritt auf
die Demonstranten zugegangen und hatte angekündigt, die eigentlich
zum Jahreswechsel geplanten Steuererhöhungen um sechs Monate zu
verschieben
und die staatlich regulierten Strom- und Gaspreise über
den Winter stabil zu halten. Ein Treffen zwischen Delegierten der Gelbwesten und Regierungsvertretern kam bisher nicht zustande.

“Ich denke, es kommt viel zu spät.”

Jacline Mouraud,
eine selbst ernannte Sprecherin der Protestierenden, sagte der
Nachrichtenagentur AP: “Ich denke, es kommt viel zu spät.” Jede
der verschiedenen Protestgruppen werde entscheiden, was sie als
nächstes tun werde, aber viele würden wahrscheinlich weiter
protestieren. Macrons Schritt sei “auf dem richtigen Weg”. “Aber nach
meiner Meinung wird er nicht grundlegend die Bewegung ändern”,
sagte Mouraud. Sie rief die Protestierenden auf, die Schwäche der
Regierung auszunutzen und andere Forderungen voranzutreiben.

Die
Gelbwesten
fordern unter anderem auch eine Anhebung von Renten und
Mindestlohn. Zudem wird bei den Protesten immer stärker der Ruf nach
einem Rücktritt von Präsident Emmanuel Macron laut. In Frankreich
wird die Krise als die schwerste seiner anderthalbjährigen Amtszeit
gewertet. Nach den Gelbwesten wollen nun auch Schüler und Bauern in
Frankreich auf die Straße gehen. Dies kündigten die
Bauerngewerkschaft FDSEA, sowie Schülervertreter an.

Am Samstag
wollen die Gelbwesten erneut demonstrieren – unter anderem vor Macrons
Amtssitz, dem Elysée-Palast und auf dem Boulevard Champs-Elysées.
Die Regierung will landesweit mehr als 65.000 Sicherheitskräfte
mobilisieren, um Ausschreitungen wie am vergangenen Wochenende zu
vermeiden.

“Manchen geht es nur noch um ein Ziel: die Republik anzugreifen”

Macron
appellierte
am Mittwoch an Gewerkschaften, Arbeitgeber und Parteien,
alle Demonstranten zur Ruhe aufzurufen. “Manchen geht es nur
noch um ein Ziel: die Republik anzugreifen”, zitierte ein
Regierungssprecher Macron. Auch Premierminister Édouard Philippe
mahnte zur Mäßigung. “Die Sicherheit der Franzosen und unserer
Institutionen steht auf dem Spiel”, sagte er im Parlament. Er
rief alle Akteure auf, sich verantwortungsvoll zu verhalten.

Überlegungen
zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer erteilte Macron derweil
eine Absage. Er sprach sich in der Kabinettssitzung dagegen aus, die
bisher von seiner Regierung umgesetzten Projekte rückgängig zu
machen. Die Staatssekretärin für Gleichstellung, Marlène Schiappa,
hatte zuvor angeregt, die derzeit geltende Regelung zu überdenken.
Die weitgehende Abschaffung der Vermögenssteuer zu Jahresbeginn
hatte Macron den Ruf eines “Präsidenten der Reichen”
eingebracht.

Angesichts
der Proteste forderte die konservative
Oppositionspartei Les Républicains,
den Ausnahmezustand auszurufen, um Ausgangssperren zu ermöglichen.
Laut der Umfrage von Ifop-Fiducial unterstützt eine knappe Mehrheit
von 53 Prozent der Franzosen einen solchen Schritt, während die
Regierung ihn bisher ausschließt.

Ursprünglich
wollte Macron mit der Steuer den Verbrauch fossiler Brennstoffe in
Frankreich verringern, um so den Klimawandel zu verlangsamen. Sein
Rückzieher ist ein Rückschlag für den Klimaschutz und könnte von
anderen Spitzenpolitikern, die ähnliche Maßnahmen planen, als
Warnung betrachtet werden.

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