Noch bis zum 14. Dezember tagt der Klimagipfel der Vereinten Nationen im polnischen Katowice. Die Delegierten verhandeln dort darüber, welche Regeln für die Umsetzung des Pariser Klimavertrags in die praktische Politik gelten sollen. Sie werden auch darüber sprechen, wie jeder einzelne Staat seine Klimapolitik noch verbessern kann, denn die bisherigen Versprechen reichen nicht aus.
Auch Deutschland hat Schwierigkeiten, seine Klimaziele einzuhalten. Anton Hofreiter, neben Katrin Göring-Eckardt Vorsitzender der Grünen-Fraktion im Bundestag, schreibt hier darüber, was aus seiner Sicht geschehen muss.
Spätestens der
Sonderbericht des Weltklimarats zum 1,5-Grad-Ziel hat deutlich gemacht: Wir dürfen im Klimaschutz keine einzige Minute mehr verlieren. Nun schaut die Welt auf den Klimagipfel in Katowice. Dabei geht es auch um die Rolle von Deutschland. Versucht
Deutschland zu den Vorreitern im Klimaschutz dazuzugehören oder wird es sich
stillschweigend an die Gruppe der Klimaschutz-Bremser hängen?
Die Tendenz ist klar: Die schwarz-rote Bundesregierung hat
den Klimaschutz bislang weitgehend ignoriert. Anfang November offenbarte ihr der Klimaschutzbericht,
dass der Ausstoß von Klimagasen seit Jahren nicht nennenswert eingedämmt wurde
und die Lücke zu den deutschen Klimazielen immer weiter auseinanderklafft.
Der Verkehrssektor bereitet besondere Sorgen, denn in ihm steigen die
Emissionen sogar. Auch der Kohleausstieg
wurde vertagt. Der für Ende November angekündigte Fahrplan der
Kohlekommission für den Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohleverstromung kommt später; Mitglieder der Kohlekommission kritisieren mangelnde
Unterstützung der Bundesregierung. Und als wäre das nicht genug, wird Angela Merkel den Klimagipfel in Polen aller Voraussicht nach schwänzen. Das Signal, das
die deutsche Regierung damit aussendet, ist so eindeutig wie verheerend: Klimaschutz
ist Schwarz-Rot schnuppe.
Ein Preis für Emissionen
Das muss ein Ende haben. Wir brauchen
endlich ein Klimaschutzgesetz, das Klimaziele gesetzlich festschreibt – und
zwar für jeden einzelnen Sektor. Die Bundesregierung muss Vorschläge machen, wie wir in den Bereichen, die vom
Emissionshandel nicht erfasst sind – Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft – dem
Ausstoß von Treibhausgasen einen Preis geben. Außerdem muss Klimaschutz endlich
ins Grundgesetz aufgenommen werden. Das wären erste wichtige Schritte hin zu
einer wirksamen nationalen Klimaschutzpolitik.
Auch international muss der Druck erhöht werden. Wenn
Brasiliens rechter Staatspräsident Jair Bolsonaro den Regenwald für den
Kahlschlag freigeben will, dann kann uns das nicht egal sein. Umso wichtiger
ist es, dass wir auch für Importgüter Mechanismen der Bepreisung finden, die
ihre Klimabelastung reflektieren – statt unsere Tierhaltung weiterhin von
vermeintlich billigem Importsoja abhängen zu lassen.
Deshalb darf die EU künftig kein einziges Handelsabkommen mehr abschließen,
in dem das Pariser Klimaabkommen und die Einhaltung der damit verbundenen Ziele
nicht als so genanntes Essential Element verankert sind. Damit wäre das Handelsabkommen hinfällig, sobald eines der
Vertragsländer aus dem Pariser Klimavertrag austräte. Falls der Klimavertrag nicht eingehalten würde, wären Sanktionen
möglich. Politisches Agieren gegen den Klimaschutz täte auch in
wirtschaftlicher Hinsicht weh.
Macron unterstützen
Einen solchen Vorschlag hat Emmanuel Macron sowohl bei den
Vereinten Nationen als auch bei der Europäischen Union eingebracht. Die
Bundesregierung muss ihre Blockadehaltung aufgeben und den Macron-Vorstoß
unterstützen.
Wenn Umweltministerin Schulze jetzt nach
Katowice fährt, dann fährt sie mit leeren Händen. Sie hat Ländern wie
Frankreich, die den Klimaschutz in Europa und der Welt vorantreiben wollen,
wenig anzubieten. Schon gar keine eigenen Ideen.
Aus dem Musterschüler von einst ist ein müder, alter Mann
geworden. Genau das können wir uns im Kampf gegen die Klimakrise aber nicht
leisten. Deutschland ist der sechstgrößte Treibhausgasemittent und die
viertgrößte Volkswirtschaft der Welt. Die Bundesregierung muss ihre
klimapolitische Untätigkeit beenden – genau jetzt.
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