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Abholzung des Amazonas: Mission Kettensäge

Für brasilianische Verhältnisse hat das Indianervolk
der Waiãpi noch Glück gehabt. Zwar brachten vergangene Woche mutmaßliche Goldsucher ihren Häuptling Emyra um. Der 68-jährige Mann wurde durch eine Vielzahl von Messerstichen getötet, und eine
Gruppe schwerbewaffneter Goldsucher besetzte eins der Waiãpi-Dörfer im äußersten
Nordosten des brasilianischen Regenwaldes. Am Samstag berichteten Anwohner von
Schüssen in der Region.

Das Glück
aber bestand darin, dass die Sache Schlagzeilen produzierte: Leute von der
Indianerschutzbehörde, die örtliche Bürgermeisterin und ein prominenter
Musiker schlugen Alarm, und am Sonntag war davon die
Rede, dass endlich zehn Fahrzeuge der Bundespolizei aufgetaucht seien.
Immerhin. Der Justizminister Sérgio Moro aus Brasilia kündigte an, “persönlich”
nach dem Rechten zu sehen – wann genau, wisse er allerdings noch nicht.

Viele solcher Vorfälle – gefolterte und ermordete Häuptlinge, vertriebene
Amazonasvölker, der gewaltsame Vormarsch von Goldgräbern und Holzfällern

erregen in Brasilien in diesen Tagen kaum noch Aufsehen.
Und es werden mehr. Das Missionswerk der katholischen Kirche in Brasilien (CIMI) etwa geht davon aus,
dass die Zahl der Angriffe auf Schutzgebiete
für indigene Völker in den vergangenen Monaten um ein Vielfaches gestiegen sei. “Respektieren Sie
endlich die indigenen Völker, Präsident Bolsonaro!”, forderte die Organisation
am Wochenende. Sie gibt der Regierung in Brasilia die Schuld an der Gewalt.

Inzwischen verurteilte die UNO-Menschenrechtskommission in scharfen Worten den Tod des Häuptlings und wies darauf hin, dass dies in Brasilien längst kein Einzelfall mehr sei. Präsident Bolsonaro erklärte hingegen, er wolle erst einmal die Polizei-Untersuchungen über den Fall “dieses Índio” abwarten. Er bekräftigte, dass er nicht weniger, sondern mehr Goldschürferei in Indianerschutzgebieten ermöglichen wolle.

Amazonas in Gefahr

Präsident Jair Bolsonaro, seit Januar im Amt, tritt mit offen rechtsextremen
Sprüchen auf und gibt sich gern als Fan der Militärdiktatur, die von 1964 bis 1985 das Land beherrschte. Er
will ein altes Projekt zu Ende bringen, das den Generälen seinerzeit nicht
mehr ganz gelang: die vollständige wirtschaftliche Erschließung des
Amazonaswaldes.

Das steht in
großem Widerspruch zum Debattenstand im Rest der Welt: dass die Erhitzung der
Erde sowieso kaum noch aufzuhalten sei, aber eine massive
Wiederaufforstung der großen Wälder eine sinnvolle Gegenmaßnahme sein könnte. In Deutschland will die Landwirtschaftsministerin damit gar schon
anfangen
. Bei Bolsonaro läuft die Sache in die entgegensetzte Richtung. So wird Brasilien zur Gefahr für das weltweite Klima.

Brasilien – Jaír Bolsonaro bringt das Klima in Gefahr
Der brasilianische Präsident Jaír Bolsonaro geht radikal gegen den Regenwald und seine indigene Bevölkerung vor. Das hat Auswirkungen auf den Klimawandel, erklärt Dagny Lüdemann.

Der Präsident hatte
schon im Wahlkampf gesagt, dass die Indianerschutzgebiete des Landes seiner
Meinung nach ein Hindernis für das Wirtschaftswachstum darstellten. Tatsächlich
sind Völker, die ihren Lebensraum verteidigen, vielerorts zu den letzten
Bewahrern des Regenwaldes geworden: Außerhalb ihrer Schutzgebiete stehen kaum noch Bäume, in den
Indianerreservaten aber findet sich noch viel ungestörte Natur.

Bolsonaro aber versprach
seinen Wählern, “keinen Zentimeter” des Landes mehr als Schutzgebiet für
indigene Völker auszuweisen, obwohl die brasilianische Verfassung
das eigentlich gebietet. Seither hat er mit der Idee gespielt, per Präsidenten-Dekret
einige Reservate zwangsweise zur Ausbeutung freizugeben, allen voran durch
Holzfäller, Agrarunternehmer und Bergbauunternehmer. Doch die indigenen Bewohner der Reservate werden sich nicht einfach so vertreiben lassen. “Wir haben uns hier alle geschworen, notfalls
in den Tod zu gehen”, sagte kürzlich ein Krieger des bedrohten Amazonasvolks
Tenharim

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