Am vergangenen Wochenende wurden auf dem Comicfestival München wieder die „Peng!“-Comicpreise verliehen. Zu den Preisträgern zählt neben Flix (Bester deutschsprachiger Comic: „Spirou in Berlin“), Mathieu Sapin (Bester europäischer Comic: „Gérard – Fünf Jahre am Rockzipfel von Depardieu“), Sean Murphy (Bester nordamerikanischer Comic: „Batman, der weiße Ritter“), Lars Banhold (Beste Sekundärliteratur: „Batman – Re-Konstruktion eines Helden“) und Matthias Schultheiss (Preis für sein Lebenswerk) auch der Bocola-Verlag mit seiner Neuveröffentlichung der Zeitungscomic-Reihe „Rip Kirby“ (Beste Edition eines Klassikers). Ralph Trommer stellt die Edition vor.
Der Mann hat Stil – dazu passt die Pfeife. Wenn er einem Gangster auf der Spur ist, setzt er meist auf seine intellektuellen Fähigkeiten, aber auch auf die Talente seines Butlers Desmond, eines Ex-Safeknackers. Rip Kirby ist ein New Yorker Privatdetektiv und erinnert mit seinem tadellosen Anzug und der Hornbrille an Clark Kent (alias Superman). Doch Kirby ist bodenständiger und benötigt keine Superkräfte.
Neben seinem Butler steht ihm in jeder Gefahrenlage seine Geliebte, die Blondine „Honey“ Dorian, zur Seite, die manchmal undercover agiert und einen Revolver zu bedienen versteht. Sie und die anderen Frauen in Rip Kirbys Umfeld – meist hochintelligente wie -kriminelle Femmes fatales – erinnern an Rita Hayworth, Ava Gardner und andere Hollywood-Schönheiten.
Mit „Flash Gordon“ kam der Durchbruch
Alex Raymonds Krimi-Comicstrip „Rip Kirby“ entstand 1946, als sich im Kino der Film noir etablierte – düstere Krimi-Melodramen, die die Stimmung der Nachkriegsjahre in den USA einfingen. Die Zeichnungen Raymonds spiegeln diesen Zeitgeist wie kein anderer Krimi-Zeitungsstrip wider.
Dabei ist auch die Entwicklung dahinter spürbar, die der 1909 geborene Zeichner seit 1934 hinter sich hatte: mit der Science-Fiction-Serie „Flash Gordon“ und dem Abenteuerstrip „Jungle Jim“ berühmt geworden, versuchte er sich auch an einer von Dashiell Hammett entworfenen Krimireihe namens „Agent X-9“.
1944 meldete er sich freiwillig zum Kriegsdienst und gab seinen erfolgreichsten Strip „Flash Gordon“ an seinen Assistenten Austin Briggs ab. Aus dem Krieg heimgekehrt, konnte er die Serie nicht weiterführen, da Briggs´ Vertrag weiterhin galt.
Harte, realistische Kriminalfälle für erwachsene Leser
So suchte Alex Raymond nach einer frischen Idee für einen Zeitungsstrip. Er entschied sich für eine zeitgemäße Krimiserie und entwickelte einen Helden, der sich durch Esprit und Dialogwitz auszeichnete und damit vom gerade gängigen Hardboiled Detective-Typ à la Philip Marlowe abhob.
Raymond und sein Ko-Autor Ward Greene knüpften vielmehr an den klassischen intellektuellen Ermittler-Typ à la Sherlock Holmes an und verbanden das mit harten, realistischen Kriminalfällen, die sich an erwachsene Leser richteten.
„Rip Kirby“ wurde als täglicher Strip konzipiert, es gab keine farbigen Sonntagsseiten wie bei vielen anderen Comics. Das ist kein Manko, denn für das Noir-Genre ist schwarzweiß perfekt.
Die nun im Bocola-Verlag begonnene Gesamtausgabe der „Rip Kirby“-Strips (bislang 6 Bände, je 156 S., 25,90 €) ist eine Augenweide, die vergangenes Jahr mit dem Rudolph Dirks Award in der Kategorie Re-edition of classic material mit dem 1. Preis ausgezeichnet wurde und jetzt zudem beim Comicfestival München einen Peng!-Preis in der Kategorie „Beste Edition eines Klassikers“ bekam.
Erstaunlich moderner Strich
Die Strips wurden aufs Frischeste restauriert und geben sie in gut lesbarer Größe wieder. Raymonds kontrastreicher schwarzweißer Tuschestil wirkt heute erstaunlich modern. Damals setzte er mit seinem Fotorealismus und dem sorgfältigen Kleider- und Ausstattungs-Design neue Maßstäbe – bis hin in die Werbegrafik – und beeinflusste zahlreiche Zeichner stilistisch. Rip Kirby wurde einer der erfolgreichsten Zeitungsstrips überhaupt.
Raymond schmuggelte immer wieder auch Abenteuerelemente in die Detektivserie ein. In der Geschichte „Das Puppenhaus“ bietet das exotische Hawaii den reizvollen Hintergrund für einen abgründigen Plot um eine mörderische Lady und grafisch ausgefeilte Licht- und Schatten-Spiele.
1956 starb Raymond bei einem Verkehrsunfall. Seine eleganten Zeichenwelten können nun auch hierzulande wiederentdeckt werden.
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