/Breitbandausbau: Was ist eigentlich schnelles Internet?

Breitbandausbau: Was ist eigentlich schnelles Internet?

Rund zwei Prozent der Hamburger Haushalte sind noch nicht ans schnelle Internet angeschlossen – Ziel des Bundes sind Übertragungsraten von mindestens 50 Mbit pro Sekunde. Lücken in der Versorgung gibt es vor allem im Süden der Stadt, insbesondere in Teilen von Wilhelmsburg, Harburg, Moorwerder und Bergedorf. Für den Anschluss von 9.300 Haushalten und 1.000 Unternehmen ans Glasfasernetz hat die Stadt einen Vertrag mit der Deutschen Telekom geschlossen, Bund und Land investieren insgesamt rund 6,6 Millionen Euro. Der Spatenstich für die bis 2021 andauernden Ausbauarbeiten ist für Donnerstag geplant. Breitbandexperte Bernd Beckert erklärte am Telefon, wieso es solche Lücken überhaupt noch gibt. 

ZEIT ONLINE: Herr Beckert, was bedeutet eigentlich “schnelles Internet”?

Bernd Beckert: Es gibt keine allgemeingültige Definition dafür. Ein Privathaushalt hat andere Bedürfnisse als ein Start-up. Doch im Grunde kann man sagen: Wenn ein Haushalt mit 50 bis 100 Mbit pro Sekunde versorgt ist, reicht das aus. Der Bedarf wird aber künftig steigen, weil immer mehr übers Internet läuft.

Bernd Beckert,  Stellvertretender Leiter des Competence Centers Neue Technologien am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung

Bernd Beckert, stellvertretender Leiter des Competence Centers Neue Technologien am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung
© Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung

ZEIT ONLINE: Für Internetbandbreiten gibt es verschiedene Technologien. Warum sind Glasfaserkabel überhaupt so wichtig?

Beckert: Es gibt das Telefonnetz, das Fernsehkabelnetz und das Glasfasernetz. Das Telefonnetz schafft pro Sekunde maximal 50 bis 100 Mbit. Das Kabelnetz bis maximal 150 Mbit pro Sekunde. Mit einem Glasfasernetz schafft man 1 Gigabit und mehr, also 10 bis 20 Mal so viel wie beim Telefonnetz. Zudem funktioniert 5G, die neue Generation beim Mobilfunk, nur mit einem engmaschigen Glasfasernetz. Im Moment ist die Mobilfunkversorgung nicht zuverlässig, da brauchen wir mittelfristig ebenfalls deutlich mehr Bandbreite.

ZEIT ONLINE: In Hamburg sind zwei Prozent der Haushalte unterversorgt, rund 70 Prozent sind ans Glasfasernetz angeschlossen – ist das viel, auch im Vergleich zu anderen europäischen Metropolen? 

Beckert: Das ist extrem viel. 70 Prozent Anschluss direkt ans Glasfasernetz ist im deutschen Vergleich einmalig und auch im europäischen Vergleich sehr gut. Ich kenne nur in Schweden und in manchen Städten in Spanien noch Gegenden, in denen die Quote höher ist. So gute Werte liegen meist an einem städtischen Anbieter, der das vorantreibt.

ZEIT ONLINE: Dennoch gibt es Versorgungslücken im Süden der Stadt, etwa im Stadtteil Moorwerder. Wie erklärt sich das, solche Probleme kennt man doch eher vom Land?

Beckert: Manche Gebiete sind für die Telekommunikationsunternehmen wirtschaftlich nicht interessant, weil die Investition nicht rentabel ist. In ländlichen Gebieten müssen oft lange Leitungen verlegt werden, die wenige Haushalte erreichen. Ich vermute, dass es in den betroffenen Gebieten in Hamburg ähnlich ist wie auf dem Land. Es gibt Schwierigkeiten, die Leitungen dort zu modernisieren oder auszutauschen. Es könnte auch an baurechtlichen Vorgaben liegen. Wenn man Glasfaser verlegt, muss man in der Regel baggern, und das darf man nicht überall ohne Weiteres. Diese Probleme gibt es aber deutschlandweit.

ZEIT ONLINE: Dann ist Hamburg beim Breitbandausbau nicht zu spät dran?

Beckert: Nein, Hamburg ist sehr weit vorn und Vorbild und Vorreiter für den Glasfaserausbau in Deutschland. Es ist mit Abstand das bestversorgteste Glasfasergebiet. In Baden-Württemberg und Bayern kommt man aktuell nicht mal in die Nähe dieses Prozentsatzes. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass es ein Stadtstaat ist und Genehmigungen schnell erteilt wurden. Das müsste man mal untersuchen.

ZEIT ONLINE: Ziel des Ausbaus in Hamburg ist eine flächendeckende Versorgung mit Bandbreiten von mindestens 50 Mbit pro Sekunde. Sie haben am Anfang bereits angesprochen, dass der Bedarf schnell steigt. Ist das jetzige Ziel zu kurz gedacht?

Beckert: Langfristig ist das zu kurz gedacht, das ist klar. Das Ziel muss eine vollständige Versorgung mit Glasfasertechnologie sein. Die Bitrate ist da erst mal egal. Die Deutsche Telekom argumentiert damit, dass es nicht genug Bedarf gibt und die Leute auch nicht bereit sind, mehr zu bezahlen. Aus Innovationssicht ist das zu kurz gedacht. Die Nachfrage wird stark steigen und insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen wird es wichtig sein, künftig viel Bandbreite zur Verfügung zu haben. Aus unserer Forschung heraus können wir sagen, dass dort, wo Glasfaser verlegt wurde, sich viel Neues entwickelt hat und sich das insgesamt positiv auf die Wirtschaft auswirkt.

ZEIT ONLINE: In einer Umfrage unter Hamburgs Start-up-Unternehmen beurteilten 57 Prozent die digitale Infrastruktur als sehr gut, sechs Prozent als eher schlecht. Uns haben auch Berichte von Unternehmen aus der Hamburger Innenstadt erreicht, die über ein langsames Netz klagen. Das lässt sich mit der Datenlage erst einmal nicht erklären. Welche Gründe gibt es für eine langsame Verbindung?

Beckert: Das kommt auf den Anschluss an. Sowohl bei VDSL als auch bei Kabel nutzen Sie ein geteiltes Medium. Das heißt, je mehr Leute gleichzeitig im Internet sind, desto langsamer wird es. Dem können die Netzbetreiber entgegenwirken, indem sie die Nutzer auf verschiedene Knotenpunkte aufteilen. Da werden die Anbieter aber meist erst bei Beschwerden aktiv. Glasfaser ist es eine direkte Leitung, da gibt es das Problem rein technisch nicht.

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