Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer
(CSU) will Autofahrerinnen und Autofahrern künftig ermöglichen, ohne
zusätzliche Prüfung leichte Motorräder zu fahren. Das sieht ein Entwurf zur Änderung der
Fahrerlaubnisverordnung aus dem Bundesverkehrsministerium vor, der ZEIT ONLINE vorliegt. Lediglich einige wenige Übungsstunden sind dem Papier zufolge dann noch nötig. Spiegel Online hatte zuerst über das Vorhaben berichtet. Das Bundesverkehrsministerium teilte mit, Ziel der geplanten Änderung sei es, mehr Mobilität insbesondere im ländlichen Raum zu ermöglichen und gleichzeitig die Verkehrssicherheit sicherzustellen.
Dem Entwurf zufolge sollen Autofahrerinnen und Autofahrer, die mindestens 25 Jahre alt sind und seit mindestens fünf Jahren einen Autoführerschein der Klasse B besitzen, “auch Leichtkrafträder der Klasse A1 führen dürfen, ohne die für die Klasse A1 vorgeschriebene Ausbildung vollständig durchlaufen und die theoretische und die praktische Prüfung ablegen zu müssen”. Stattdessen solle nur eine Schulung im Umfang von mindestens 7,5 Zeitstunden verpflichtend sein, davon sechs Stunden in Form von Übungsfahrten.
Wer die Schulung absolviert, dessen Autoführerschein wird um die Schlüsselzahl 195 ergänzt. Der Entwurf bezieht sich ausdrücklich auf Motorräder mit einem Hubraum von bis zu 125 Kubikzentimeter und einer Motorleistung von nicht mehr als elf Kilowatt, bei denen das Verhältnis der Leistung zum Gewicht 0,1 Kilowatt je Kilogramm nicht übersteigt. Wie Spiegel Online berichtet, haben solche Leichtkrafträder etwa von Herstellern wie Piaggio oder Yamaha maximal 15 PS,
können aber mehr als hundert Stundenkilometer schnell fahren.
Experten befürchten mehr Unfälle
Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) kritisierte den Entwurf als “überflüssig”. Es gebe keine Notwendigkeit, Autofahrer ohne zusätzliche Prüfung Motorräder fahren zu lassen, sagte DVR-Sprecherin Julia Fohmann. “Wir befürchten, dass es dann noch mehr Unfälle mit Toten und Schwerverletzten gibt.” Gemessen an der Zahl der Unfälle, in die sie verwickelt sind, seien die Leichtkrafträder der Klasse A1 jetzt schon die zweitgefährlichste Fahrzeugklasse auf deutschen Straßen – nach den besonders stark motorisierten Krafträdern mit mehr als 750 Kubikzentimetern Hubraum.
Das Bundesverkehrsministerium begründet seinen Entwurf damit, eine EU-Richtlinie in deutsches Recht umsetzen zu wollen. “Das verwundert, denn auch in anderen Bereichen ermöglicht der Gesetzgeber nicht alles, was möglich wäre”, schreibt der DVR in einer Stellungnahme. Der Entwurf erhöhe das Risiko auf den Straßen ohne Not und ohne dass es einem erkennbaren Ziel diene.
“Aus Sicht der Verkehrssicherheit stellt sich die Frage, was es an gut ausgebildeten Motorradfahrenden, die ihre Fähigkeiten in einer Prüfung nachgewiesen haben, auszusetzen gilt”, schreibt der DVR. Er empfiehlt dem Ministerium, das ganze Vorhaben fallen zu lassen. Sollte es die Pläne dennoch weiterverfolgen, bitte man darum, die Entwicklung der Unfallzahlen “wenigstens in einem dreijährigen, wissenschaftlich begleiteten Modellversuch zu untersuchen, um rechtzeitig gegensteuern zu können”.
Der TÜV-Verband lehnt das Vorhaben ebenfalls ab: “Auch Autofahrer müssen den Umgang mit mittelschweren Motorrädern gründlich lernen, um sich sicher im Straßenverkehr bewegen zu können. Diese Kompetenz sollte auch in Zukunft von unabhängiger Stelle überprüft werden”, sagte Richard Goebelt, Bereichsleiter Fahrzeug und Mobilität des TÜV-Verbands.
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