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Michel Platini: Eine Leiche in der Seine

Warum wurde Michel Platini festgenommen?

Die französische Ermittlungsbehörde Parquet national financier (PNF) untersucht die WM-Vergabe nach Katar. Es geht um Bestechung und wer überrascht ist hat die vergangenen Jahre in einem U-Boot gelebt. Platini war von 2007 bis 2016 Präsident des europäischen Fußballverbandes Uefa und saß im Exekutivkomitee des Weltverbandes Fifa. Dessen 22 Mitglieder wählten im Dezember 2010 die WM-Ausrichter für 2018 (Russland) und 2022 (Katar) in einer spektakulären, gemeinsam ausgetragenen Vergabe. Gegen acht der 22 Wahlmänner liefen Korruptionsermittlungen, zehn wurden bislang von der Fifa gesperrt, unter anderem Franz Beckenbauer. Von Anfang an begleiteten beide Wahlen Bestechungsvorwürfe, weil beide Bewerbungen in einem Fifa-Report die schlechtesten aller Bewertungen erhielten. Doch bei der Fifa zählen nur die richtigen Noten.

Seit 2016 ermittelt das PNF, das sich vor allem um Finanzdelikte kümmert. Platini war am Dienstag als Zeuge nach Nanterre, einem Vorort von Paris, geladen worden. Dort sagte man ihm, dass er nun in Gewahrsam sei. Ihn in Manndeckung zu nehmen ist der erste große öffentliche Move der Ermittler. Auch Sophie Dion, eine frühere Beraterin von Nicolas Sarkozy, wurde in Gewahrsam genommen.

Was sagt Platini zu den Anschuldigungen?

Aktuell schweigt er. Doch in der Vergangenheit bestritt er stets, Verwerfliches getan zu haben. Er bestand darauf, dass er ohnehin für Katar habe stimmen wollen. Im Laufe der Jahre, als es nicht ruhiger um die Winter-WM in der Wüste wurde und wegen der Spielpläne geändert, Stadien gekühlt und womöglich Tausende Gastarbeiter gestorben sein werden, sagte Platini: “Wer wird sich in zwölf Jahren noch an diese Worte erinnern? Wir werden ein hervorragend organisiertes Turnier sehen.” Leider wollten nicht alle mit ihm senil werden. Sepp Blatter, auch kein Pastor unter den Banditen, sagte: “Niemand stellt in Zweifel, dass es eine Einflussnahme gegeben hat. Sarkozy und Platini haben das gemacht.” Vom früheren Fifa-Generalsekretär Jérôme Valcke tauchte in einem anderen Kontext eine Mail auf, in der stand: “Oder dachte er, man könne die Fifa kaufen wie sie (die Katarer) die WM?”

Welche Rolle spielt Nicolas Sarkozy?

Das ehemalige Staatsoberhaupt Frankreichs sagte stets: “Ich habe keine Rolle gespielt.” Doch es war wohl anders. Die WM-Vergabe war, wie schon andere Turniere vorher, eingebunden in geopolitische Überlegungen. Sarkozy machte sich erst als Innenminister und dann als Staatspräsident sehr verdient um die französisch-katarischen Beziehungen. Sein allererster Staatsgast nach seiner Wahl 2007 war der Emir von Katar. Ein Jahr später brachte Sarkozy ein Gesetz auf den Weg, dass katarische Investitionen steuerfrei machte. Milliardenschwere Aufträge für die französische Wirtschaft folgten.

Für den Fußball interessant wurde ein Abendessen im November 2010. Zehn Tage vor der Wahl Katars zum WM-Ausrichter lud Sarkozy den Emir von Katar, Scheich Tamim bin Hamad al-Thani, den damaligen Premierminister, Scheich Hamad bin Jassim, und Michel Platini in den Élysée-Palast. Um dieses Essen ranken sich Mythen. Nicht aber wegen der gefüllten Beignets oder der pochierten Wachteleier. Sondern wegen der WM.

Platini wird einige Jahre später sagen, dass er den US-Amerikanern, die sich ebenfalls für das Turnier bewarben, vielleicht zugesichert habe, für sie zu stimmen. Ob es stimmt oder nicht, ist zweitrangig, denn nach dem Diner im Élysée-Palast war klar, für wen er stimmt: “Ich konnte mir damals natürlich vorstellen, dass Frankreich froh wäre, wenn ich für Katar stimme, aber niemand hat das von mir verlangt. Sarkozy hat es mir zu verstehen gegeben.” Manches musste man nicht aussprechen, da waren die Franzosen geschickter als die Ibiza-Touristen aus Österreich.

Sepp Blatter, damals noch Fifa-Präsident und Gegner der katarischen Bewerbung, wird später sagen, dass es Sarkozy und der Emir nicht nur geschafft haben, Platini auf ihre Seite zu ziehen. Drei weitere Europäer soll er überzeugt haben, die Wahl endete 13 zu 9 für Katar. Ein Jahr später jedenfalls wurde Platinis Sohn, Laurent, bei der Qatar Sport Invest angestellt und Europachef der Firma. Das müssen harte Stunden im Assessment-Center gewesen sein.

Dass vermutlich am gleichen Abend beschlossen wurde, dass die Katarer auch Paris St. Germain kaufen, den damals hoch verschuldeten Lieblingsclub des französischen Präsidenten, ging fast unter. Katar war nach diesem Abend schlagartig ein Big Player im Weltfußball.

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