Der
Zweite Weltkrieg wurde durch Panzerschlachten entschieden. Für künftige Kriege
bereiten sich die Weltmächte auf Cyberattacken vor; sie werden
dann in den Glasfasernetzen geführt. In der Zwischenzeit
praktiziert der amerikanische Präsident Donald Trump einen ausufernden Handels- und
Zollkrieg. Sein Schlachtfeld ist das weltweite
Kommerzsystem.
Der
Ausdruck weaponization of trade
beherrscht derzeit die internationale Diskussion. Vor einer Woche hat der Economist dies grafisch auf den Punkt
gebracht. Seine Titelseite zeigte unter dem Titel “Weapons of mass disruption”
– Massenzersetzungswaffen – eine zur Erde rasende Bombe mit Trumps Antlitz als
Spitze und der sinngemäßen Aufschrift: Zölle, schwarze Listen für Technikprodukte, finanzielle Abriegelung, Sanktionen.
Es
sind die Waffen, die Trump rücksichtslos einsetzt, wobei er zwischen Freund und
Feind keinen Unterschied macht. Verbündete kennt er nicht. Wer im Handel mit
den Vereinigten Staaten einen Überschuss erzielt, ist automatisch ein Gegner;
das gilt gleichermaßen für China wie für die EU, deren Auflösung er unverhohlen
herbeiwünscht, und da besonders für Deutschland, das er augenscheinlich hasst. Macht
ist für den US-Präsidenten Marktmacht. Da 88 Prozent des Welthandels in Dollar
abgewickelt werden, verfügt er über einen gewaltigen Hebel.
Sein Handelskrieg bedroht die Weltwirtschaft
Es
kann nicht Wunder nehmen, dass die Außenpolitik des Zahlenfreaks Trump sich zusehends
auf ökonomische Strafmaßnahmen reduziert. Sylvie Kaufmann hat es in Le Monde treffend zugespitzt: “Der
frühere New Yorker Immobilienkönig verbreitet Furcht und Schrecken nicht mehr
mit der Zahl der Atomsprengköpfe des Pentagons, sondern mit einem furchterregenden
Arsenal wirtschaftlicher Sanktionen und Zollsätze.”
Mit
Zollerhöhungen hat Trump China überzogen; wenn Peking nicht bis zum G20-Gipfel
Ende Juni im japanischen Osaka klein beigibt, will er 25 Prozent auf den gesamten Import
aus der Volksrepublik erheben; der Technologie-Gigant Huawei wurde in Acht und
Bann getan. Nordkorea, Iran, Russland und Venezuela sind – wie Kuba schon seit
sechs Jahrzehnten – Ziele der amerikanischen Sanktionspolitik. Eine Anhebung
der Zollsätze drohte Trump Mexiko an, falls es nicht die Flut der Migranten aus
Mittelamerika stoppe. Den Europäern brummte er schon voriges Jahr erhöhte Zölle
auf Stahl und Aluminium auf; jetzt steht die Drohung mit Sonderzöllen auf Autos
aus der EU im Raum. Zuletzt hat Trump Indien bislang gewährte Zollvergünstigungen
gestrichen.
Handelsstreitigkeiten
hat es schon immer gegeben. In aller Regel gab es dabei jedoch eine Trennwand
zwischen Politik und Wirtschaft. Donald Trump hingegen setzt ökonomische Mittel
ein, um Ziele zu erreichen, die mit Handel nichts zu tun haben. Dabei
missbraucht er mehrere alte Gesetze, die ihm aus Gründen der nationalen
Sicherheit Abwehrmaßnahmen gegen terroristische und andere Bedrohungen erlauben
– als ob kanadischer Stahl oder europäische Automobile Amerikas Sicherheit gefährdeten.
Doch wo er sich nun einmal in Wirtschaftskonflikte mit so gut wie allen
Handelspartnern gestürzt hat, macht er auch für Verbündete keine Ausnahme. Sie
bleiben im Dauerfeuer des großen Disrupters.
Nicht
nur, dass er die internationalen Institutionen demontiert, die seine Vorgänger
nach dem Zweiten Weltkrieg als Pfeiler einer neuen Weltordnung aufgebaut haben –
Weltbank, Weltwährungsfonds, Welthandelsorganisation, dazu die Vereinten Nationen und nicht zuletzt die Nato. Zugleich beschwört er die Gefahr einer
Weltwirtschaftskrise herauf, wenn er seinen Zollkrieg fortsetzt. Nach
Einschätzung des IWF würde dies das globale BIP um 0,5 Prozent oder 455
Milliarden Dollar im Jahr reduzieren; die Bundesbank hält sogar einen Einbruch
von 1 bis 1,5 Prozent für möglich.
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