Urlaubsbuchungen
sind ja auch nicht mehr das, was sie mal waren. Früher wählte der Reisewillige aus einem
Prospekt drei Pensionen in seiner Preisklasse aus, vielleicht ging
er sogar ins Reisebüro. Das dauerte ein, zwei Stunden, dann war der Urlaub
gebucht. War die Reisende richtig wagemutig, schnappte sie sich ein
Last-minute-Angebot. Oder sie setzte sich ins Auto und fuhr, völlig
verrückt, einfach los.
Heute buchen die meisten natürlich im Internet. Dort kann man sich stundenlang durch so viele Angebote klicken –
jedes günstiger, aufregender, exklusiver –, dass man sich vor lauter Auswahl gar
nicht entscheiden kann. Denn mit einem Strandurlaub auf Mallorca kann man ja
heute niemanden mehr beeindrucken. Zumindest nicht in den sozialen Netzwerken,
wo man ja heutzutage, sind wir ehrlich, mit seinen Reisen anzugeben hat (Glauben
Sie nicht? Dazu gibt es hochseriöse Umfragen!).
Es
verwundert darum gar nicht, dass eine dieser sehr vielen Studien zum
Reiseverhalten von Nationen und Generationen herausgefunden hat, dass Nordamerikaner durchschnittlich
acht Stunden lang nach der perfekten Reise suchen, einer von acht sogar mehr
als 15 Stunden. Und das, obwohl sie alle eigentlich nach 40 Minuten genervt
sind. Millennials, so heißt es dort weiter, bezeichnen die Reiseplanung gar als
einen ihrer größten Stressfaktoren. Klar, die Reise muss ja nicht mehr nur ins
Budget passen, sondern auch noch instagrammable und irgendwie exotisch sein.
Pauschalreisen für Abenteuerlustige
Das
ist natürlich ein Luxusproblem. Eines, das erst durch das Internet entstanden ist. Glücklicherweise ist es ja eine Kernkompetenz des Internets, dort entstandene Probleme zu lösen, indem man einfach einen krassen neuen Service anbietet. Und so kommt jetzt ausgerechnet Airbnb zur Rettung der Individualitätskrise –
das Unternehmen, das ursprünglich mal total authentische Städtetrips
ermöglichen wollte, dabei aber leider vielerorts die lokale Bevölkerung
aus den Innenstadtbezirken gentrifizierte. Mit seinem neu gestarteten
Angebot Adventures will Airbnb nun dem gestressten Millennial die Urlaubsplanung
erleichtern und zugleich absolut exklusive Reisen ermöglichen.
Pauschalreisen für Abenteuerlustige, sozusagen.
Airbnb
verkauft das so: Urlauberinnen und Urlauber können in Kenia den Spuren von
Löwen folgen, mit einer mongolischen Nomadenfamilie herumwandern oder in einer
kalifornischen Geisterstadt nächtigen – und müssen dafür nichts selbst planen.
Alles übernehmen die Hosts, also die Gastgeber: “Sie organisieren ihr
eigenes Adventure und kümmern sich um die Termine, das Reiseziel, den
Reiseplan, die Unterkünfte sowie eventuelle Services und legen ihre eigenen
Preise fest”, heißt es bei Airbnb.
Ansprechen
soll das vor allem Millennials. In einer Studie von 2016 wollte das Unternehmen schon gezeigt
haben, dass 80 Prozent aller Millennials nach “einzigartigen
Reiseerlebnissen” suchten. Darauf verweist Joseph Zadeh, Vizepräsident
Entdeckungen bei Airbnb, nun auch im Gespräch: Die Menschen erwarteten im
Urlaub heute etwas völlig Neues, das nirgendwo anders gefunden werden könne.
Sein Unternehmen wolle daher mehr als nur Touren anbieten: Könne man es googeln
und allein organisieren, passe es nicht zu Airbnb, sagt Zadeh. Man wolle den
Menschen schon “exklusive Erfahrungen” ermöglichen.
Natürlich
ist da vor allem die Frage, wie man “exklusiv” (vom lateinischen Wort excludere, ausschließen) definiert.
Airbnb interpretiert jedenfalls den Begriff, nun, sagen wir: auf eine
interessante Art und Weise. Denn: Dieses Portal ist mit mehreren Milliarden
Dollar finanziert, täglich besuchen es Millionen Menschen. Wer meint, hier Exklusivität anbieten zu können, findet auch im Lonely Planet seine Geheimtipps. Hinzu kommt: Man kann sich ja kaum etwas
Abenteuerlicheres vorstellen, als durch eine kommerzielle Plattform wie Airbnb
zu scrollen und dort einen durchgetakteten Trip zu buchen!
Bitte nicht durchs Bild laufen, danke!
Dass
die Reisen längst nicht nur von einer Person gebucht werden können, sondern von
bis zu zwölf Menschen auf einmal, trifft möglicherweise auch nicht
hundertprozentig die Definition von Exklusivität, die vielleicht mancher
Millennial im Kopf hat. Jedenfalls nicht, wenn er an einsamen Orten wirklich
einsam sein oder gar entspannt mit den Locals in Kontakt kommen will. Aber es hat natürlich auch etwas, die gleichen Fotos
wie elf andere Menschen zu schießen und auf Instagram zu posten. (Hauptsache, die anderen sind nicht auf den Bildern
zu sehen.)
Bleibt
noch der Preis. Im Schnitt kostet eine Reise laut Zadeh “preisgünstige” 750
Dollar, alles inklusive (außer die Anreise). Fangen die billigen Adventures
noch bei 79 Dollar an, können auch schon mal bis zu 5.000 Dollar für einen
zehntägigen Trip fällig werden. So viel Abenteuer muss sich ein finanziell
gebeutelter Millennial ja auch erst einmal leisten können.
Wer das nicht kann oder will, der kann sich ja einen Ostseetrip zusammengoogeln. Löwenspuren finden ist dort
wahrscheinlich schwierig. Kann aber ja noch kommen, wenn Airbnb wieder mal ein Luxusproblem
lösen will.
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