In einem
offenen Brief haben mehr als hundert Organisationen und Personen das Bundesinnenministerium
(BMI) gewarnt, einen Entschlüsselungszwang für Anbieter wie WhatsApp, Threema
und Signal umzusetzen. Sie fordern darin “eine sofortige Abkehr von
diesem oder ähnlichen politischen Vorhaben auf deutscher wie europäischer
Ebene”. Eine solche
Gesetzesänderung würde unter anderem “das Sicherheitsniveau von Millionen
deutscher Internet-Nutzer und Nutzerinnen schlagartig senken”, heißt es in dem Brief.
Hintergrund ist das Vorhaben von Innenminister Horst Seehofer (CSU), der Messengerdienste wie WhatsApp
oder Telegram dazu verpflichten will, die Kommunikation ihrer Nutzer
in lesbarer Form an Behörden zu schicken, falls das ein Richter anordnet. Damit
sollen die Sicherheitsbehörden bei Bedarf Zugriff auf standardmäßig
Ende-zu-Ende-verschlüsselten Chats und Telefonate erhalten. Anbieter, die
dieser Pflicht nicht nachkommen, sollen demnach auf Anordnung der
Bundesnetzagentur für Deutschland gesperrt werden können. Bis Ende dieses Jahres sollen die neuen Verpflichtungen auf den Weg gebracht werden.
Laut dem Brief wären die Messenger-Dienste gezwungen, ihre Verschlüsselungstechnik so
umzubauen, dass Behörden bei Verdachtsfällen die gesamte Kommunikation der
Nutzer mitschneiden könnten. Das käme einem neuen
Einfallstor für ausländische Nachrichtendienste und Internetkriminelle gleich,
warnen die Unterzeichner. Zudem würde “das internationale Ansehen Deutschlands
als führender Standort für eine sichere und datenschutz-orientierte Digitalwirtschaft
massiv beschädigt”.
Der Internet-Verband eco kritisiert zudem, dass die Strafverfolgungsbehörden
bislang kaum dokumentiert hätten, in wie vielen Fällen verschlüsselte
Kommunikation zum Erfolg geführt habe. “Mit dem
Vorhaben, Hintertüren bei Messenger-Diensten zu installieren, entfernt sich das
BMI auf direktem Weg von seinen gesamtgesellschaftlichen Schutzpflichten für
die Bevölkerung und Wirtschaft”, sagte IT-Experte Norbert Pohlmann von eco.
Unterzeichnet haben den Brief auch Ex-Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), der
Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) und Schleswig-Holsteins Datenschutzbeauftragte Marit Hansen.
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