Am Rande der Präsidentschaftswahl im autoritär regierten Kasachstan haben Sicherheitskräfte hunderte Demonstrierende festgenommen. Auf
Twitter wurden Bilder und Videos verbreitet, auf denen zu sehen ist, wie
ein massives Polizeiaufgebot gegen die Protestierenden vorgeht. Das
Innenministerium des zentralasiatischen Landes sprach von insgesamt 500 Festnahmen, wie die
kasachische Agentur Tengrinews meldete. Sowohl in der Hauptstadt Nur-Sultan (früher Astana) als auch in Almaty soll es nicht genehmigte Proteste gegeben haben, nachdem der aus Kasachstan geflohene Banker Muchtar Abljasow, ein bekannter Regimekritiker, dazu aufgerufen hatte.
Mehreren Prognosen zufolge zeichnete sich ein hoher Wahlsieg von Kassym-Schomart Tokajew ab. Der
Übergangspräsident erhält den Hochrechnungen zufolge etwa 70 Prozent der Stimmen, wie die Staatsagentur Kazinform auf Basis
von Nachwahlbefragungen zweier Forschungsinstitute meldete. Mit einem offiziellen Endergebnis wird am Montag gerechnet.
Der 66-Jährige hatte im März die
Nachfolge von Nursultan Nasarbajew angetreten, der nach fast 30 Jahren
an der Macht sein Amt niedergelegt hatte. Tokajew gilt als Vertrauter
Nasarbajews, der bei der Wahl im Jahr 2015 noch etwa 97 Prozent holte. Mit seinem Wahlsieg für Tokajew war deshalb gerechnet worden.
Tokajew hatte seinen Landsleuten eine “ehrliche, offene
und faire” Wahl versprochen. Von westlichen Wahlbeobachtern wurden
Wahlen in dem zentralasiatischen Land bisher allerdings nicht als frei
und fair eingestuft. Menschenrechtsorganisationen beklagen zudem, dass die Opposition unterdrückt würde, immer wieder würden Proteste niedergeschlagen. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sagte, vor der Wahl seien soziale Medien zeitweise
blockiert worden.
“Man kann das kaum eine Wahl nennen”
Tokajew kündigte bereits an, den Kurs seines
Vorgängers fortzusetzen. Nasarbajew hatte wenige Wochen vor seinem
Rücktritt die Regierung entlassen und sie für wirtschaftliche und
soziale Probleme in dem zwischen Russland und China gelegenen Land
verantwortlich gemacht. Er versprach Reformen, um die Lebensqualität der
Menschen zu verbessern.
Gegen Tokajew traten sechs Kandidaten an, die in dem
18-Millionen-Einwohner-Staat kaum bekannt sind. “Man kann das kaum eine Wahl nennen”, sagte Asien-Experte Dijar Autal
von der US-Eliteuniversität Harvard. Die wenigen Kandidaten stammten von politischen
Parteien, die von der Regierung kontrolliert würden. “Unter Tokajew wird
das Land wahrscheinlich genauso autoritär bleiben wie unter
Nasarbajew.”
Viele hätten mit der Wahl die Hoffnung auf Veränderungen verbunden, sagte ein Rentner auf dem Weg zum Wahllokal in Almaty. “Echte Reformen wird es aber auch unter Tokajew nicht geben”, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. “Er ist wahrscheinlich nur ein Übergangspräsident, der einige Dinge in die Wege leiten wird.”
Besonders die jüngere Generation habe genug von System Nasarbajew, sagte ein 34 Jahre alter Taxifahrer. “Das jetzige System ist korrupt, und die Machtelite bereichert sich immer mehr.” Er hoffe, der neue Präsident nutzt die Chance und löse das Parlament auf, ändere die Verfassung und ziehe die bisherigen Politiker zur Verantwortung.
Zur Wahl aufgerufen waren mehr als zehn Millionen Wählerinnen und Wähler. Kasachstan besitzt große Ölvorkommen und ist einer der größten Uranproduzenten der Welt. Außerdem fördert es Seltene Erden, die die Hightech-Industrie benötigt.
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