Als Erstes fallen die Handykabel auf, die von Steckdosen in
der Decke herabbaumeln. Fast alle Passagierinnen und Passagiere der S-Bahn vom Wiener Flughafen
in die Stadt gucken auf ihr Handy und surfen wie selbstverständlich im Internet
– auch ohne mobile Daten. In dem Zug gibt es WLAN und die Seiten laden
beneidenswert schnell.
Glückliches Österreich. In deutschen Zügen hingegen ist WLAN oft gar nicht vorhanden, und wenn, dann ist die Verbindung selten schnell. “Das WLAN ist an vielen Stellen saumäßig”, sagt Karl-Peter Naumann, der Ehrenvorsitzende des Fahrgastverbandes Pro Bahn. “Schon zwischen
dem Berliner Hauptbahnhof und Spandau – mitten in der Großstadt – setzt das
Internet immer wieder aus.”
Besonders problematisch sei es, wenn der ICE durch
ländliches Gebiet fahre, etwa von Berlin nach Hamburg oder Hannover, sagt
Naumann. Auch Stuttgart–Mannheim sei eine Problemstrecke. Das Onlinemagazin Business
Insider, das Bahndaten zur Surfgeschwindigkeit aus dem Jahr 2017 ausgewertet
hat, nennt außerdem Würzburg–Fulda–Kassel und München–Nürnberg als Strecken mit
langsamem Internet.
Doch für das schlechte Netz kann der Konzern nichts. Eine
Verbindung mit dem Internet kann der ICE, der mit bis zu 300 Kilometern pro Stunde durch die
Landschaft fährt, nur per Funk aufbauen. Die Deutsche Bahn nutzt dafür die
Mobilfunknetze von Telekom, Vodafone und O2. Eine Antenne im Zugdach
bündelt die Signale der drei Provider und leitet das so verstärkte Signal über
Router ins Zuginnere an die Passagierinnen und Passagiere.
Wo kein Netz, da keine Verstärkung
“Nur, wo kein Netz ist, da können sie auch nichts
verstärken”, sagt Naumann. Das WLAN der Bahn spiegelt damit den schlechten
Mobilfunk in Deutschland. In anderen mitteleuropäischen Ländern – etwa in
Dänemark, der Schweiz oder den Niederlanden – gebe es viel weniger Klagen.
Wie schwierig die Lage in Deutschland ist, zeigt ein vertraulicher
Bericht der Bundesnetzagentur, den das Handelsblatt
vor Kurzem veröffentlicht hat. Entlang der ICE-Strecken liege die Abdeckung mit
Breitbandinternet je nach Anbieter nur bei 75 bis 95 Prozent, heißt es
darin. Bei der Vergabe der LTE-Lizenzen
im Jahr 2015 war den Unternehmen eine vollständige Versorgung bis Anfang 2020
vorgeschrieben worden, “sofern dies rechtlich und tatsächlich möglich ist”.
Die Fachzeitschrift connect zeigt in ihrem Mobilfunktest,
wie sich das schlechte Netz für die Kundinnen auswirkt. Wer im Zug im Internet
surfen oder E-Mails empfangen oder verschicken will, wird demnach in zehn bis 20 Prozent aller Fälle enttäuscht. Und das Angucken von Videos scheitert
gar bei jedem dritten Versuch. Die Anbieter Telekom und Vodafone erhalten von connect
deshalb nur rund 40 Prozent der möglichen Punkte, Telefónica (O2)
bekommt nur 23 Prozent. Zum Vergleich: In Österreich erzielen die drei
nationalen Mobilfunkanbieter Werte um die 60 Prozent.
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