Wie ging es aus?
Gruppe B: Deutschland – China 1:0 (0:0)
War es auch so knapp wie es klingt?
Oh ja. 66 lange Minuten stand es 0:0, und das war nach der ersten Halbzeit sogar recht schmeichelhaft. Dann hob Giulia Gwinn einen Ball nach einer Ecke aus 20 Metern nett ins Tor. Es war in der harten Partie der einzige Treffer, Deutschland war nach vorne zu ungenau und in der Abwehr unsicher. Der Sieg war nicht schön, er tat weh, aber es war eben ein Sieg.
Wie waren die beiden Halbzeiten?
Höchst unterschiedlich. Den ersten Durchgang muss man sich wie den Besuch eines Neunjährigen im Freizeitpark vorstellen, die Zweite war dann die Zeit für die Hausaufgaben. Zu Beginn stellte China sich noch tiefer hinten rein, als es die Deutschen vor dem Spiel gedacht hätten. Die erste Chance ergab sich für Sara Däbritz in der dritten Minute, als sie einen Distanzschuss knapp danebensetzte. Geschossen wurde im Laufe des Spiels übrigens viel, aber selten genau. Deutschland dominierte den Anfang, “wir haben so gespielt, wie wir uns das gewünscht haben”, sagte die Trainerin Martina Voss-Tecklenburg danach.
Das hatte ein jähes Ende, als die Innenverteidigerin Sara Doorsoun sich ihrer Sache etwas zu sicher war und nach 14 Minuten im Aufbauspiel einen Fehlpass in die Mitte spielte, für den Amateurkicker sich mit einem Kasten Bier bei den Kollegen entschuldigen müssen. Er blieb nur deshalb ohne Folgen, weil die Chinesinnen das leere Tor nicht trafen. Es war die erste von drei Chancen für China, die im Tor hätten enden müssen.
Kurz darauf traf Champions-League-Siegerin Carolin Simon mit einer Flanke noch die Latte und Alexandra Popp köpfte knapp drüber. Dann wurde es fahrig und ruppig. Man sah viele Fouls, gelungene Aktionen blieben die Ausnahme. Deutschlands Spielmacherin Dzsenifer Marozsán wurde ebenso unsanft gestoppt wie Kapitänin Popp, zimperlich war in diesem Spiel keine chinesische Vokabel. Doch als die nach etwas mehr als einer halben Stunde alle zusammen zehn Meter aufrückten, bemerkten sie, dass die Deutschen nervöser wurden.
Popp verlor in der 43. den Ball, Doorsoun stand erneut richtig falsch und wieder waren zwei Chinesinnen vor Almuth Schult. Der Pfosten rettete. Nur wenige Minuten später traf Yasha Gu, wieder alleine vor dem deutschen Tor, die falsche Entscheidung und übersah ihre Teamkollegin in der Mitte. Es war kein Spiel für Statistikfreunde, denn die Daten der ersten Halbzeit gaben das Spiel nicht wieder: Deutschland hatte mehr Ballbesitz, schoss mehr aufs Tor, führte aber auch die Schmeichelwertung an. Dann war Pause.
Die zweite Hälfte ist schnell erzählt: Das Tor von Gwinn war die einzig gelungene Aktion, die Chinesinnen vergaben in der 83. Minute noch einen Schuss, nachdem Schult eine Flanke in die Mitte gefaustet hatte.
Wie waren die Chinesinnen?
Las man die Meinungen vor dem Spiel, erwarteten die DFB-Frauen einen schweren Gegner. Den bekamen sie auch. Wobei: Ganz sicher waren sie sich nicht. Die Einzige, die in Europa spielt, Wang Shuang, saß auf der Bank. Das Wort formschwach machte die Runde. Das übrige Team, 22 Spielerinnen, ist in China aktiv und deshalb unsichtbar für Europäerinnen. Die deutschen Spielerinnen gaben vorher mehr oder weniger zu, dass sie nur wenig über die Chinesinnen wissen. “Vorne haben sie sehr, sehr gute Spielerinnen”, sagte zum Beispiel Marozsán. Auch damit sollte sie recht behalten. Aus einem eisern eingehaltenen 4-4-2 heraus, einem Taktiksystem aus der Zeit, als Nena erfolgreich Musik machte, vertrauten die Chinesinnen auf ihre Konterchancen. Eine der drei – Gu, Yang und Wang – war immer zur Stelle. Nur das Tor trafen sie nicht. Für die letzten zehn Minuten übernahmen sie sogar das Spiel, doch das Aufbäumen erinnerte an die SPD auf der Suche nach Wählergunst.
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