Horst Seehofer (CSU) wird für seine Bemerkung über das bewusste Kompliziertmachen von Gesetzen kritisiert. Der Bundesinnenminister hatte der ARD in einem Video zum Datenaustauschgesetz zu Ausländern gesagt, er habe es “ganz stillschweigend eingebracht”. Seehofer sagte: “Man muss Gesetze komplizierter machen. Dann fällt das nicht so auf.” Kritik kommt auch aus der Union.
Hintergrund ist eine Abstimmung am Freitag über das Migrationspaket, zu dem auch das sogenannte Datenaustauschgesetz gehört, das unterschiedlichen Behörden den Zugriff auf Personendaten aus dem Ausländerzentralregister erleichtert. Dazu gehört die Polizei, aber auch Jugendämter, die nun einfacher an Informationen über 10,6 Millionen Menschen ohne deutschen Pass gelangen können. Datenschützer kritisieren das Gesetz deshalb. Der zuständige Innenminister ließ in dem Videomitschnitt durchblicken, wie man seiner Ansicht nach solch unpopuläre Gesetze beschließt: Indem man dafür sorgt, dass möglichst wenige Menschen sie verstehen oder etwas davon mitbekommen.
“Wir machen nichts Illegales, wir machen Notwendiges. Aber auch Notwendiges wird ja oft unzulässig infrage gestellt.”, sagte der Minister der ARD am Rande einer Veranstaltung.
“Demokratische Grundprinzipien nicht verstanden”
Politikerinnen und Politiker verschiedener Parteien reagierten empört auf Seehofers Aussage. Marco Buschmann, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion in Bundestag, twitterte, Seehofer habe “demokratische Grundprinzipien nicht verstanden”. Wer bewusst intransparent arbeitet, zerstöre Vertrauen in die Politik.
Auch Grünen-Chefin Annalena Baerbock äußerte sich kritisch auf Twitter. Es mache sie “fassungslos”, wenn versucht werde, Gesetze vor Bürgern zu verstecken, indem sie extra kompliziert formuliert werden. Für einen Bundesminister sei das ein sehr bedenkliches Demokratieverständnis. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt schloss sich ihr an: Seehofers Aussage nannte sie in einem Tweet eine “Verachtung gegenüber dem politischen Meinungs- und Willensbildungprozess”.
Carsten Schneider, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, sprach im Plenum des Bundestags von einer “Frechheit und Dreistigkeit”. Der Innenminister verunsichere die Menschen und zerstöre Vertrauen. “Ihr Job müsste es sein, Vertrauen aufzubauen”, sagte er vor den Abgeordneten.
Auch aus der Union gab es Kritik: Ruprecht Polenz, langjähriger Abgeordneter und zeitweise Generalsekretär der CDU, twitterte, dass Seehofer auch “Verfassungsminister” sei. Der Gesetzgeber dürfe die Öffentlichkeit nicht “durch absichtliche Verkomplizierung hinters Licht führen”, sondern habe komplizierte Gesetze zu erklären.
Der Youtuber Rezo, der der Union vor der Europawahl mit einem Video einen empfindlichen Schlag versetzt hatte, fragte, ob “Seehofer und seine Homies Gesetze absichtlich komplizierter gestalten”, weil deren Gesetze sonst “unzulässig infrage gestellt” werden.
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