Die SPD-Bundestagsfraktion wird nach Einschätzung des kommissarischen Fraktionschefs Rolf Mützenich wahrscheinlich erst im September eine neue Spitze wählen. “Für mich deutet sich an, dass wir wahrscheinlich noch ein wenig länger Zeit brauchen”, sagte Mützenich nach Beratungen der Fraktion. Noch sei aber nicht entschieden, ob die Wahl womöglich noch in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause ab dem 24. Juni abgehalten werde.
Der Zeitplan werde Gegenstand von Gesprächen in den nächsten Tagen sein, sagte Mützenich. Auf die Frage, ob sich bereits Kandidaten gemeldet hätten, sagte er, die Fraktion rede derzeit “überhaupt nicht über Kandidaturen, sondern wir reden über Themen”, die jetzt in Fraktion und Partei angegangen werden sollten.
Nahles hatte zu Beginn der Fraktionssitzung am Dienstag wie angekündigt ihren Rücktritt erklärt und das Treffen dann verlassen. Mützenich war bereits am Sonntag vom Fraktionsvorstand zum Übergangschef bestimmt worden. Am Dienstag wurde er nach eigenen Angaben “von allen Mitgliedern” der Fraktion gebeten, die Geschäfte vorläufig zu führen.
Noch keine Kandidaten für Nahles’ Nachfolge
Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, sagte am Rande der Sitzung, der letzte Auftritt von Nahles sei “sehr emotional” gewesen. Die Abgeordneten hätten sie mit Standing Ovations verabschiedet. Auch Kahrs gab an, mit einer regulären Wahl für den Fraktionsvorsitz im September zu rechnen.
Bislang hat noch niemand eine Kandidatur für Nahles’ Nachfolge angekündigt. Das Gleiche gilt für das Amt der Parteivorsitzenden, das sie bereits am Montag aufgegeben hatte.
Bei der Neubesetzung des Postens sollen die SPD-Mitglieder nach dem Willen von Generalsekretär Lars Klingbeil mitreden können. Mehrere Bewerber könnten “durchs Land ziehen und sich vorstellen”, sagte er im Radiosender NDR Info. Es sei “nun an der Zeit für eine andere Politik. Deswegen möchte ich gern, dass wir die Mitglieder beteiligen und in die Partei reinhorchen”, sagte Klingbeil weiter.
Parteivorstand will Ende Juni weiteres Vorgehen festlegen
Der Vorsitzende der SPD in Nordrhein-Westfalen, Sebastian Hartmann, sagte den Zeitungen des RedaktionsNetzwerks Deutschland, damit die Partei “zu neuer Stärke findet, braucht es viel Rückhalt und eine breite Legitimation des oder der neuen Vorsitzenden”. Eine Mitgliederbefragung, “die klare Ergebnisse liefert, ist dafür ein geeigneter Weg”.
Möglicherweise gibt es bei der SPD künftig auch eine Doppelspitze. Wenn sich herausstellen sollte, dass die Mehrheit in der Partei das wolle, “dann sind wir dafür offen”, sagte die kommissarische Parteichefin Malu Dreyer am Montagabend in den ARD-Tagesthemen.
Dreyer führt die Partei seit Montag übergangsweise gemeinsam mit Thorsten Schäfer-Gümbel und Manuela Schwesig. Alle drei waren bislang Vizevorsitzende. Der Parteivorstand will das weitere Vorgehen in einer Sitzung am 24. Juni festlegen.
Hits: 72