Die Grünen haben erstmals in einer Umfrage zur Bundestagswahl die Union von Platz eins verdrängt. Im Forsa-Trendbarometer für RTL und n-tv gewinnen die Grünen eine Woche nach der Wahl des EU-Parlaments neun Punkte hinzu und kommen somit auf 27 Prozent. Mit 26 Prozent liegen CDU und CSU knapp dahinter.
Die SPD verliert weitere fünf Punkte und hat mit 12 Prozent den niedrigsten jemals auf Bundesebene gemessen Wert. Die Sozialdemokraten liegen damit in der Umfrage nur noch einen Prozentpunkt vor der AfD (11 Prozent), die zwei Punkte im Vergleich zur vorigen Messung verlor. In der Umfrage blieb die FDP unverändert bei 8 Prozent. Die Linke verliert einen Punkt und kommt auf 7 Prozent. Die sonstigen Parteien erreichen mit 9 Prozent einen Höchststand.
Die Grünen wurden bei der Wahl des EU-Parlaments am 26. Mai mit 20,5 Prozent erstmals zweitstärkste Kraft. Union und SPD hatten mit 28,9 beziehungsweise 15,8 Prozent ihr bisher schlechtestes Ergebnis eingefahren.
Gegenüber dem Sender RTL interpretierte Forsa-Chef Manfred Güllner die Umfrageergebnisse folgendermaßen: Union und SPD hätten sich eher um den rechten beziehungsweise linken Rand des Wählerspektrums gekümmert, obwohl die Wähler aus der liberalen Mitte abwanderten. “Nach der Europawahl rächt sich zudem, dass beide Parteien sich den Abwanderern zu den Grünen mit einem stärkeren Engagement beim Klimaschutz anbiedern wollen”, sagte Güllner. Doch damit stärke man nur das grüne Original.
Annegret Kramp-Karrenbauer verliert an Sympathie
Forsa fragte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Umfrage außerdem, für wen sie in einer Direktwahl als Bundeskanzlerin stimmen würden. Würde CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer gegen SPD-Chefin Andrea Nahles antreten, würden sich 24 Prozent (minus 6 Punkte im Vergleich zur Vorwoche) für Kramp-Karrenbauer entscheiden, Nahles käme unverändert auf 13 Prozent.
Würde die Vorsitzende der CDU gegen Finanzminister Olaf Scholz (SPD) antreten, würden sich die Befragten erstmals mehrheitlich für Scholz (26 Prozent) entscheiden, Kramp-Karrenbauer käme auf 21 Prozentpunkte.
Für die Umfrage wurden vom Meinungsforschungsinstitut Forsa von
vergangenem Montag bis Freitag insgesamt 2.001 Menschen befragt. Die
statistische Fehlertoleranz wird mit plus/minus 2,5 Prozentpunkten
angegeben.
Allerdings gibt es auch immer wieder Kritik an Forsa und seinem Chef Güllner, weil die Zahlen und seine Interpretation sich teils deutlich von anderen Umfrageinstituten unterscheiden. Vor allem die SPD schneidet bei Forsa unterdurchschnittlich schlecht ab, die Grünen außergewöhnlich gut.
Über die Unsicherheiten von Umfragen
Repräsentative Umfragen unterliegen immer Fehlern. Man kann davon ausgehen, dass der tatsächliche Wert mit hoher Wahrscheinlichkeit in einem Bereich von einem bis drei Prozentpunkten über oder unter den letztlich angegebenen Messwerten liegt. Den Korridor dieses statistischen Fehlers zeigen wir ab sofort in unseren Grafiken zu Wahlumfragen.
Die Ergebnisse basieren immer auf Stichprobenbefragungen. Diese decken in der Regel nur spezielle Teile der Bevölkerung ab (zum Beispiel Menschen mit Festnetz-Telefonanschluss oder Internetnutzer). Einige potenzielle Teilnehmer sind ablehnend und wollen erst gar nicht befragt werden. Fragen werden mitunter auch falsch verstanden und nicht immer aufrichtig beantwortet. Zum Beispiel auch in Reaktion auf vorangegangene Umfragen. Um jedoch ein allgemeines Meinungsbild über alle Bevölkerungsgruppen hinweg zu berechnen, müssen die Demoskopen fehlende Messwerte und vermutete Ungenauigkeiten ausgleichen und die vorliegenden Zahlen neu gewichten. Diese (in der Regel nicht transparenten) Formeln unterscheiden sich in den Instituten und führen daher zu unterschiedlichen Aussagen.
Umfragewerte sind immer Momentaufnahmen. Mehr als eine grobe Tendenz für ein Meinungsbild lässt sich daraus nicht ableiten. Selbst wenn die Aussagen und Berechnungen zum Veröffentlichungszeitpunkt der Umfrage nahe an der Realität liegen, ist immer noch offen, ob die damals befragten Wähler zum Beispiel später tatsächlich ihre Stimme abgeben oder sich kurzfristig umentscheiden.
Weitere Hintergründe über unseren Umgang mit Wahlumfragen finden Sie in unserem Transparenzblog Glashaus.
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