Durchschnittlich jeder zweite Arbeitnehmer kann sich in Deutschland über Urlaubsgeld freuen. Doch bei der Verteilung gibt es Unterschiede, etwa abhängig von Standort und Unternehmensgröße. Das ist das Ergebnis einer Onlinebefragung durch das WSI-Tarifarchiv der gewerkschaftsnahen
Hans-Böckler-Stiftung.
Die Verteilung von Urlaubsgeld werde von mehreren Faktoren beeinflusst. So sei die Wahrscheinlichkeit, Urlaubsgeld zu bekommen, für Angestellte in tarifgebundenen Unternehmen besonders hoch: Nach Angaben von Thorsten Schulten, dem Leiter des WSI-Tarifarchivs, erhalten 69 Prozent der Beschäftigten in Unternehmen mit Tarifbindung einen Urlaubszuschuss. Unter den Arbeitnehmern in Unternehmen, die an keinen Tarifvertrag gebunden sind, seien es lediglich 36 Prozent. Ebenfalls wirke sich die Größe der Betriebe aus: In
Kleinbetrieben mit weniger als 100 Beschäftigten bekämen
37 Prozent der Arbeitnehmer Urlaubsgeld. In größeren Betrieben mit mehr als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern steige der Anteil auf 61 Prozent.
Eine Ungleichheit zeigt das Ergebnis der Befragung bei der Verteilung von Urlaubsgeld zwischen Männern und Frauen: Im Durchschnitt erhalten 50 Prozent der Männer die zusätzliche Zahlung des Arbeitgebers, aber nur 41 Prozent der Frauen. Diese Differenz erklärte Schulten damit, dass in Branchen mit einem hohen
Männeranteil an den Arbeitnehmern – zum Beispiel bei Ingenieuren – überdurchschnittlich häufig Urlaubsgeld
gezahlt werde. In Berufen, in denen traditionell mehr Frauen arbeiteten – etwa im Sozial- und Gesundheitswesen – sei das deutlich seltener der
Fall.
Ein Gefälle sei auch in den verschiedenen Regionen Deutschlands zu beobachten: In westdeutschen Bundesländern erhielten 49 Prozent der Beschäftigen Urlaubsgeld, in Ostdeutschland hingegen nur rund ein Drittel: 35 Prozent. In ostdeutschen Bundesländern seien weniger Unternehmen tariflich gebunden als in Westdeutschland. Das wirke sich spürbar zulasten der Beschäftigen aus, sagte Schulten.
Besonders hoch ist das Urlaubsgeld in Metallindustrie und Versicherungsgewerbe
Ebenfalls ließen sich Unterschiede in der Höhe des Urlaubsgeldes feststellen: Die größten Summen würden an Arbeitnehmer in der Holz- und Kunststoffverarbeitung, in der
Metallindustrie und im Versicherungsgewerbe gezahlt. Die geringsten Zusatzzahlungen erhielten Beschäftigte in der Landwirtschaft und im Hotel- und
Gaststättengewerbe. Beschäftigte im öffentlichen Dienst erhalten kein gesondertes Urlaubsgeld, dafür aber eine einheitliche Jahressonderzahlung, in der Urlaubs- und Weihnachtsgeld zusammengefasst sind. Am meisten erhöht sei das Urlaubsgeld im vergangenen Jahr in der Chemie-Industrie worden.
Es gibt keinen unmittelbaren gesetzlichen Anspruch auf Urlaubsgeld. Arbeitgeber können die Sonderzahlung freiwillig leisten oder als Teil von Tarifverträgen.
Für die Erhebung hatte das Institut nach eigenen Angaben zwischen Januar 2018 und April 2019 mehr als 123.000 Beschäftigte online befragt. Zwar sei die Befragung nicht repräsentativ, liefere wegen der hohen Fallzahl aber eine verlässliche Orientierung.
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