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Misstrauensvotum: Sebastian Kurz ist abgewählt

Sebastian Kurz ist abgewählt

Zum ersten Mal in der Geschichte Österreichs hat das Parlament einen
Kanzler mit einem erfolgreichen Misstrauensvotum abgewählt: Eine
Mehrheit der Abgeordneten hat für einen Misstrauensantrag gegen den Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und die gesamte Regierung gestimmt. Gegen den Antrag – und damit für den Verbleib von Kurz im Amt – stimmten die ÖVP und die liberale Partei Neos. Ihr Misstrauen gegen den 32-jährigen Kanzler sprachen die Abgeordneten von FPÖ, SPÖ und der Partei Jetzt aus. Im österreichischen Nationalrat verfügen SPÖ und FPÖ zusammen
über 103 Mandate – um den Antrag anzunehmen, waren mindestens 92 von 183 Stimmen notwendig.

Nun
ist es die Aufgabe des Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen,
umgehend eine Expertenregierung zu benennen. Grundsätzlich ist es
möglich, die abberufenen Amtsträger vorübergehend mit der Weiterführung
der Regierungsgeschäfte zu beauftragen.

Ein “zügelloser und verantwortungsloser Griff nach der Macht”

Den offiziellen Antrag gegen Kurz und das gesamte Kabinett hatte die Vorsitzende der SPÖ, Pamela Rendi-Wagner,
gestellt: “Herr Bundeskanzler, Sie und Ihre ÖVP-Regierung genießen das
Vertrauen
der sozialdemokratischen Abgeordneten nicht.” Das Vorgehen des Kanzlers
sei ein “schamloser, zügelloser und verantwortungsloser Griff
nach der Macht” gewesen, sagte die SPÖ-Chefin. Zuerst hatte die kleine
Oppositionspartei Jetzt allein einen Misstrauensantrag gegen Kurz
eingereicht. Am Sonntagabend kündigte dann die SPÖ an, einen
eigenen Misstrauensantrag gegen Kurz und die gesamte Regierung zur
Abstimmung vorzulegen.

Vor der Abstimmung hatten sich mehrere Abgeordnete zum anstehenden
Misstrauensvotum und zu Kurz’ Verhalten in der Ibiza-Affäre geäußert:
Der ehemalige Innenminister, der FPÖ-Politiker Herbert Kickl, etwa
kritisierte Kurz dafür, die ganze “FPÖ in Sippenhaft genommen” zu haben.
Nun müsse Kurz sehen, dass seine “Machtstrategie nicht aufgegangen
ist”, sagte Kickl. Die rechtspopulistische FPÖ hatte bereits vor der Parlamentsdebatte angekündigt, den Misstrauensantrag gegen Kurz zu unterstützen. Einige der Rednerinnen und Redner forderten künftig mehr Transparenz bei der Finanzierung der Parteien.

Kurz
selbst hatte vor der Abstimmung Unverständnis darüber geäußert, dass
der Misstrauensantrag der SPÖ nach dem sehr guten Wahlergebnis der ÖVP
auf die gesamte Regierung ausgeweitet worden war. Wer jetzt die gesamte
Regierung stürzen wolle, habe
nicht das Staatswohl im Blick, sagte der Kanzler. Die ÖVP hatte am Sonntag bei der EU-Wahl rund 35 Prozent der Stimmen erhalten.

Auslöser der österreichischen Regierungskrise war ein Video gewesen, das Spiegel und Süddeutsche Zeitung veröffentlicht hatten: Der Clip zeigte den früheren FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache im Sommer 2017 auf Ibiza, wo er einer vermeintlichen russischen Oligarchennichte öffentliche Aufträge im Gegenzug für Wahlkampfhilfe in Aussicht stellte. Strache trat am 18. Mai nach der Veröffentlichung des Videos von allen Ämtern zurück. Sebastian Kurz forderte zudem die Entlassung des FPÖ-Innenministers Herbert Kickl, woraufhin alle FPÖ-Minister zurücktraten. Am vergangenen Mittwoch übernahmen vier Expertinnen und Experten übergangsweise die betroffenen Ressorts. Für September sind in Österreich Neuwahlen geplant.

Im Dezember 2017 war Kurz als österreichischer Bundeskanzler angetreten, in einer Regierungskoalition der konservativen ÖVP mit der rechtspopulistischen FPÖ. Nach
Angaben der österreichischen Nachrichtenagentur APA gab es seit 1945 in
Österreich zuvor 185 Misstrauensanträge – der 186. war nun der erste
mit Erfolg.

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