Vor einigen Jahren erzählte Niki Lauda in einem seiner vielen Interviews, wie er mit der Reporterin einer amerikanischen Morgenshow über den Nürburgring gelaufen ist. Zu genau der Stelle, an der er sich 1976 mit seinem Auto in einen großen Feuerball verwandelt hatte. Die Reporterin erhoffte sich Tränen oder andere Emotionen, aber Lauda hatte vom Hotelbuffet ein Kipfel mitgenommen und es vorher ins Gras gelegt. Als die Reporterin ihn fragte, wie es für ihn sei, hier zu sein, unterbracht er sie. “Just a moment!” Sie fragte: “What are you doing?” Und Lauda: “Oh look, here’s my ear!” Die Reporterin sei völlig fertig gewesen, erzählte er dem SZ-Magazin.
Es ist eine Mischung aus Heldenstatus, Charisma, Wiener Schmäh und flotten Sprüchen, die Niki Lauda zum weltweiten Superstar machte – auch über die Welt der Formel 1 hinaus. Seine Meinung war stets gefragt, die Medien rissen sich um ihn, über Jahrzehnte.
Zunächst aber musste sich Lauda seine Rennfahrerkarriere erkämpfen. Gegen den Widerstand seiner gut situierten Industriellenfamilie. Mit geliehenem Geld. Und mit gefälschtem Abiturzeugnis, um den strengen Großvater zu beruhigen. Es hat sich gelohnt, bei Ferrari wurde er zum Helden, gewann 1975 und 1977 zwei WM-Titel. Fast noch berühmter aber machte ihn der Feuerunfall vom Nürburgring und sein Comeback nach nur sechs Wochen. “Ich wäre heute nicht der, der ich bin, stünde nicht da, wo ich stehe, wenn er nicht passiert wäre”, sagte er angesichts des 40. Jahrestages des Dramas. “Und wenn er nicht von einem achtjährigen Buben gefilmt worden wäre, der zufällig dort stand. Dessen Kamera war der Schlüssel, denn seine Aufnahme wird immer in Kombination mit Hospital und Überleben gezeigt. Der gleiche Unfall ohne den Film wäre nur die Hälfte wert, behaupte ich.”
Eine typische Lauda-Analyse, knallhart, fast zynisch, rational bis zum Letzten, Gefühle zumindest nach außen hin komplett ausblendend, auch zum Selbstschutz: “Mein ganzes Leben lang sind immer positive und negative Dinge hintereinander eingetreten, zur Ruhe habe ich nie gefunden”, das ist das Maximum an Zugeständnis im Rückblick. Zeit für psychologische Nachwirkungen? Null: “Als Rennfahrer ist so ein schwerer Unfall etwas, mit dem man sofort fertig werden muss. Wenn ich nicht 42 Tage danach damit abgeschlossen gehabt hätte, dann hätte ich nicht wieder ins Auto steigen und fahren können”, so Lauda. “Andere, ‘normale’ Leute schleppen so etwas das ganze Leben lang mit sich herum. Als Rennfahrer geht das nicht. Entweder du löst das Problem und fährst wieder oder du hörst auf.”
Panikattacke auf den ersten Kilometern
Er löste es für sich, sechs Wochen danach, in Monza, schwer gezeichnet noch von den Verbrennungen im Gesicht – auf seine Art. Nach einer Panikattacke bei den ersten Kilometern auf der Strecke zog er sich ins Hotel zurück, der kühle Analytiker gewann wieder die Oberhand: “Da habe ich mir dann gesagt: So, stopp jetzt mit dem ganzen Druck. Am Samstag werde ich ganz normal fahren, als ob da gar kein Rennen wäre. Kein Risiko eingehen, mich herantasten, nichts darauf geben, was die anderen Leute sagen. Vertrauen für mich selbst schaffen, dass ich das Auto kontrollieren kann. Und auf einmal ging es – und ich war Viertschnellster…”
Das epische Duell mit James Hunt, später als erfolgreiches Kinodrama mit Daniel Brühl verfilmt, ging so bis ins letzte Rennen in Japan, die Regenschlacht, in der Lauda nach zwei Runden ausstieg, “weil mir mein Leben wichtiger ist als eine Weltmeisterschaft”, und den Titel schließlich um einen Punkt verlor. Ein Jahr später sogar der Weggang von Ferrari, dann der überraschende Rücktritt im September 1979, aus heiterem Himmel, während des Kanada-GP-Wochenendes, “weil es für mich jetzt wichtigere Dinge gibt, als mit dem Auto im Kreis herumzufahren”.
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